Ich wache nach ein paar seltsamen Träumen auf, alles fühlt sich etwas klamm an. Ich sehe mich um, der Schlafsack ist außen nass und auch am Zelt sind überall Tropfen. Ich habe davon aber während der Nacht nichts mitbekommen, auch das Wildschwein habe ich nicht nochmal gehört. Das könnte aber auch an meinen Ohrstöpseln gelegen haben.
Mein Porridge ist so reichhaltig wie noch nie auf dem Trip: Nüsse, Pfirsiche, Banane und sogar ein paar Datteln von Basil. Alles an Energie, was ich für einen intensiven Tag auf dem Rad bekommen kann. Dazu gibt es wieder einen Tee, doch ein ziemlich luxuriöses Leben, das ich hier führe.
Wir warten noch, bis die Sonne unsere Zelte und Schlafsäcke getrocknet hat, dann geht es los. Es erwartet uns ein steiler, mit anderthalb Kilometern aber noch verhältnismäßig kurzer Anstieg. Das soll sich aber direkt danach ändern. Keine vier Kilometer sind wir gefahren, als der Hauptanstieg des Tages beginnt. 12,4 Kilometer, über 1000 Höhenmeter am Stück, so geballt bin ich bisher noch nie so viele Höhenmeter gefahren. Zusätzlich ist der Untergrund schlecht, die extremen Steigungen geben ihr Übriges dazu. Am Ende brauchen wir drei Stunden für den Anstieg. Dafür sind die Ausblicke wirklich gut. Alles sieht ganz anders als noch vor ein paar Tagen: Die Landschaft ist viel grüner und lebendiger, dazwischen bunte Häuser. Diese sind jedoch alles andere als lebendig. Wir sehen trotz der ganzen Häuser kaum Menschen. Was wir am Ende des Anstiegs jedoch sehen, sind ein europäisches Paar auf sehr schicken und wahrscheinlich sehr teuren Gravelbikes. In ihren strahlend sauberen, ebenfalls sehr schicken Klamotten sind die das absolute Gegenteil von uns. Wir würden gerne wissen, was sie hier machen. Doch, relativ weit entfernt von der nächsten größeren Stadt. Aber sie haben keine Zeit, um sich mit uns zu unterhalten. Die Frau grüßt noch nicht mal. Und das ist auch egal, wir sind schon dabei, im Schatten unser Mittagslager inklusive unserer Gaskocher aufzubauen. Es gibt Instant-Nudelsuppe, die salzige Brühe ist genau das Richtige, nachdem wir auf dem Abstieg so extrem geschwitzt haben. Eigentlich waren die Nudeln aus Notration gedacht, wir pokern auf einen Markt, der noch kommt, und ansonsten hat Basil noch einige Linsen übrig.
Alles, was wir mühsam hochgefahren sind, fahren wir jetzt direkt wieder herunter. Kurz halten wir noch an, um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Ich will erst auf einen Markt warten, der laut Google Maps entlang des Weges kommen soll. Zu wenig Lust habe ich auf Wasser mit Erdgeschmack. Das Wasser aus dem Hahn hier schmeckt aber nicht nach Erde, im Gegenteil, es scheint noch extra gereinigt worden zu sein. Also mache ich meine ganzen neun Liter Wasser voll. Damit fährt es sich bergab noch besser. Sorgen macht dann jedoch der kommende Anstieg, der mit 5 km und über 9 % nochmal richtig reinhauen wird. Das ganze Wasser wird uns das Leben dort nicht einfacher machen. Erstmal fahren wir über extrem steile Wege Richtung Flussbett. An einer Stelle mache ich Fotos, die Jungs fahren weiter. Alle realisieren zu spät, dass sie falsch gefahren sind. Ich warte oben, während sie die 60 Bonus Höhenmeter wieder hochkurbeln. Danach geht es steil und abseits der Straße weiter bergab. Wir verstehen jetzt, warum es auf der Website, wo wir die Route her haben, eine Warnung gab, dieses Stück auszulassen, wenn man zu schwer beladene Räder hat (wir fahren die Route anders herum, sind also weniger betroffen).
Bald soll der Anstieg beginnen, vorher müssen wir nochmal durch ein extrem zugewachsenes Flussbett, wir zwängen uns zwischen den Pflanzen hindurch, die Dornen bleiben an unseren Anziehsachen hängen. Gleichzeitig müssen wir über große Steine kraxeln. Noch einmal die Räder aus dem Flussbett heben, und unser Anstieg beginnt. Direkt wird klar, fahrbar ist dieser nicht und wir werden erstmal schieben müssen. Die nächsten 3,5 km bzw. eine Stunde wird sich das auch nicht ändern. Wir schieben unsere Räder den Berg hoch. Die Stimmung ist trotzdem super. Irgendwann haben wir es geschafft, die restlichen anderthalb Kilometer bergauf sind auf Asphalt. Wir kommen an einem Mann vor einer Moschee vorbei, einen Laden gibt es hier nicht, gibt er uns zu verstehen. Also bleibt es bei Linsen mit Brühe. Später fragen wir einen anderen Mann, ob wir auf einer der aus Lehm angelegten Terrassen unsere Zelte aufbauen können. Er verweist uns die ganze Zeit auf einen Platz, der gefilmt wird und Licht hat. Es wäre für die Sicherheit. Wir verstehen nicht ganz wessen Sicherheit, entscheiden uns dann aber, lieber einfach weiter zu fahren. Es geht ohnehin bergab. Dabei bewundern wir das unglaubliche Panorama. Die Berge sind extrem zerklüftet und stehen gleichzeitig wie zwei Mauern, links und rechts neben dem Tal. Von unserem Zeltplatz am Ende hat man einen großartigen Panorama Blick, gerade geht die Sonne unter, es ist perfekt. Die Bauruine bzw. das Haus, was anscheinend nicht bewohnt wird, stört den Anblick etwas, aber damit können wir leben.
Basil pimpt die Linsen mit ein paar Nudeln, das Endgericht ist für die wenigen Zutaten wirklich nicht schlecht. Wir diskutieren noch, was am nächsten Morgen gegessen werden soll. Außer Haferflocken und Wasser haben wir nicht mehr viel. Jack sagt, er würde lieber verhungern, als das nochmal zu essen. Zu oft hatte er es in der letzten Zeit.

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