Immernoch ziemlich müde wache ich auf. Ich bin etwas verwirrt, Basil ist nicht da. Kurz darauf kommt er grinsend wieder, er hat sein Vorradsportprogramm mit 99 Klimmzügen bereits draußen erledigt. Ich bin fasziniert, woher er die Energie dafür nimmt. Meine Muskeln, auch die im Oberkörper, sind immernoch vom Vortag angeschlagen. Der Frühstücksklassiker der Gruppe scheint Müsli zu sein, meine ohnehin schon randvollen Taschen werden also noch mit einer Packung Müsli gefüllt. Wir beladen unsere Räder, dann geht es los. Wir wollen den ersten Teil vom Ciro Trail, einem Weg entlang der alten Bahnlinie von Mostar nach Dubrovnik fahren. Insgesamt wird es zwei Tage dauern. Erst geht es noch auf einer Hauptstraße raus aus Mostar. Aber bald kommen wir auf kleine Nebenstraßen und Schotterwege. Es läuft gut, wir kommen schnell voran. Vor dem großen Anstieg des Tages essen wir unser mitgebrachtes Mittagessen in einem Café. Basil fragt den Besitzer ob es okay ist wenn wir ein Sandwich essen, kurz darauf sind zwei Tische voll bedeckt mit dem Inhalt diverser Verpflegungstaschen. Wir werden aber gut aufgenommen, am Ende gibt es sogar noch eine Füllung für unsere Trinkflaschen inklusive Eiswürfel. Im kleinen Supermarkt daneben will ich noch Vorräte für den restlichen Tag kaufen, außer einer Milch bekomme ich aber nichts. Nicht schlimm denke ich, etwas Gemüse für meine Nudeln sollte ich auch später noch bekommen.
Bisher folgen wir permanent dem ausgeschilderten Weg des Cirol Trails, welcher auch durch die EU gefördert wird. Das beinhaltet auch teilweise Brücken mit sehr interessanter Baukonsistenz. Die Holz-Bohlen klappern schön unter unseren Rädern. Es geht aber alles gut.
Der Track aus dem Internet biegt ein einer Stelle von der Straße ab, ohne dass ein Schild darauf hinweist. Es folgt ein brutaler Anstieg. Die Sonne grillt uns, es ist steil und selbst mit unseren Mountainbikes kaum fahrbar. Der Untergrund besteht aus teilweise fast faustgroßen losen Steinen und viel kleinem Geröll. Man muss wirklich konzentriert sein um auf dem Rad zu bleiben, verlässt man einmal seine Linie muss man absteigen. Zusätzlich ist der Anstieg wirklich lang. Ich habe Glück und kleinere Gänge als der Rest. Irgendwann müssen sie absteigen und schieben, ich fahre ihnen das erste Mal davon. Wir fahren weiter, der Track schickt uns mitten durchs Gebüsch, wir bleiben lieber erstmal auf dem Schotterweg. Dieser wandelt sich kurz darauf aber auch in einen komplett zugewuchterten Weg, ich fahre vor und entferne so die Spinnenweben für den Rest der Gruppe. Irgendwann wird es zum Glück wieder besser fahrbar, es sieht trotzdem so aus als wäre in den letzten Jahren kaum jemand hier entlang gekommen. Von EU Förderung keine Spur. Dafür macht der Weg umso mehr Spaß, auch der Anstieg mit dem losen Schotter war genau das worauf ich die ganze Reise gehofft und das Rad ausgerichtet habe. Kein Anstieg hat mir bisher so viel Spaß gemacht.
Wir fahren über den entlegenen Weg. Immer wieder wurde sich einfach durch den Berg gesprengt, ein Zug würde gerade so hindurch passen. Ein Highlight sind die Tunnel. Auch hier ist der Untergrund extrem steinig, sie winden sich durch den Berg es gibt kein Licht. Es ist pechschwarz. Gleichzeitig geht es immernoch bergauf, die Geschwindigkeit reicht gerade aus um ein schwaches Leuchten meines Dynamo Lichts zu erzeugen. Jack hat es noch schlechter getroffen, sein Dynamo scheint gar nicht mehr zu funktionieren. Er muss sich also voll auf unser weniges Licht verlassen. Der Weg geht lange so weiter, wir sind froh über die Mountainbikes mit einem Tourenrad wäre mehrstündiges Schieben nötig gewesen. Die Vegetation am Wegesrand ist so eng, ein Auto würde komplett verkratzt, wenn es überhaupt hindurch passen würde.
Irgendwann kommen wir wieder auf gemäßigtere Wege, ich merke wie mein ganzer Körper noch angespannt ist. Eigentlich hatten wir im voraus einen See gesehen, in dem wir schwimmen und daneben unser Zelt aufbauen wollten. In der Realität ist es einfach ein großes rechteckiges Wasserreservoir, nicht wirklich einladend. Wir fahren immer weiter, passieren Dörfer bestehend aus maximal fünf Häusern. Der Plan die Nudeln mit Pesto noch durch Gemüse aufzuwerten fällt flach, es gibt einfach keine Einkaufsmöglichkeiten. Unser Wasser wird auch knapp. An einem kleinen Friedhof halten wir an, das Wasser schmeckt faulig. Freudig hole ich das erste Mal meinen Wasserfilter heraus, Basil findet aber einen Mann der uns Wasser aus seinem Garten gibt. Es schmeckt immerhin nicht faulig, später fällt uns auf, dass eine Menge Sediment darin schwimmt. Wird schon passen.
Immer wieder sehen wir Achtung Landminen Schilder. Sie schüchtern uns ein, erinnern an die bedrückende Vergangenheit. Gleichzeitig fragen wir uns, wo wir so unser Zelt aufstellen sollen. Letztendlich finden wir oberhalb der kleinen Straße eine Ruine mit mehreren Terrassen. Es ist ein perfekter Platz, nicht einsehbar, dafür mit einer großartigen Aussicht und gutem Untergrund. Alle Kochen Nudeln, wir sprechen viel, das fehlende Internet trägt zur guten Atmosphäre bei.
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