Kurz war die Nacht im Zelt, aber die Vorfreude auf die Ballons war groß. Schon vor 5 Uhr sind wir wach und hörten Stimmen auf dem Bergkamm über uns. Unsere Zelte waren aber gut versteckt, niemand kann uns sehen. Ich drehe mich um, schlafe auf meiner etwas luftleeren Matratze wieder ein. Pünktlich um 5 klingelte der Wecker, wir packen uns dick ein. Durch die Höhe wird es nachts ordentlich kalt. Über uns klingt es nach einem Motor, ich bin überzeugt, dass nur wenig über uns ein Heißluftballon mit heißer Luft befüllt wird um Höhe zu gewinnen.
Als ich mein Zelt verlasse und in den Himmel schaue folgt aber die Ernüchterung. Weit und breit kein Heißluftballon zu sehen. Wir sind etwas geknickt, steigen aber trotzdem auf den Bergkamm um weiter Ausschau zu halten. Obwohl keine Ballons zu sehen sind, ist für unsere Unterhaltung trotzdem gesorgt. Genau über uns findet ein Hochzeitsantrags-Foto Shooting statt. Den Antragsmoment habe ich verpasst, dafür wohne ich belustigt dem anschließenden Foto Shooting bei. Vor einem aufgebauten Picknick, inklusive marry me Buchstaben mit Lichtern (die nicht alle funktionieren), stehen die Braut im kurzen Kleid und der Bräutigam im Hemd umgeben von zwei Fotografinnen. Jack der hinter dem ganzen herumläuft wird prompt gebeten dort weg zu gehen. Basil klettert auf dem Felsen im Hintergrund herum, er ist zu weit weg den Fotografinnen scheint es egal zu sein, dass er dort ist. Ich frage mich ob er auf den Bildern später zu sehen sein wird.
Die Fotografinnen sind forsch, eine Pose nach der anderen wird abgearbeitet. Von Romantik oder Wertschätzung des Momentes ist nichts zu spüren. Das Wetter macht es nur noch schlimmer, es sind maximal 12 Grad laut Wetterbericht, der immer etwas optimistisch war die letzten Tage. Die künftige Braut in ihrem dünnen Kleid muss unglaublich frieren. Die Hälfte der Fotocrew sitzt im Auto und wärmt sich auf. Die Anwesenheit von drei plötzlich auftauchenden Kerlen in warmer Funktionskleidung scheint niemanden zu stören. An Stelle der Braut fände ich die ganze Situation aber gar nicht lustig. Relativ schnell verdrücken wir uns wieder in unsere Zelte und überlassen das junge Paar ihrem fotografischen Schicksal, uns ist es doch etwas zu kalt draußen. Später finden wir heraus, dass solch ein Antrag 750€ mit Video sogar 1200€ kostet. Für mich wäre das nichts und ich wüsste, dass Laura bei solch einem Antrag einfach nein sagen und eine Woche nicht mehr mit mir Reden würde. Wie so oft gilt, andere Länder andere Sitten. Für viele ist die Idee meiner Radreise genauso abwegig.
Irgendwann kommt die Sonne raus, im Zelt wird es irgendwann viel zu warm. Rund um das Zelt herum bevölkern Zecken das Gras, wir gehen lieber auf den Bergkamm. Dort ist die Aussicht eh besser. Ganz in Ruhe starten wir den Tag, wir sind nicht in Eile, es ist eh nur Entspannung angesagt. Wir frühstücken ausgiebig, es werden Kaffee und Tee gekocht. Bisher war das aus Zeit und Aufwandsgründen nie möglich. Irgendwann packen wir zusammen und rollen ins Hostel. Diesmal habe ich Glück, in unserem Losspiel gewinne ich das Einzelbett. Ein großes Los da wir vier Nächte in Göreme verbringen. Das Hostel hat eine schöne Dachterrasse, wir verbingen unsere Zeit im Schatten. Ich begebe mich noch auf die Suche nach einem neuen Campingkocher. Gaskartuschen werden in Zentralasien knapp und nachdem ich gesehen habe wie angenehm das Kochen der anderen ist, will ich meine Campingküche umstellen auf einen anderen Kocher der auch Benzin verfeuern kann und einen größeren Topf. Leider werde ich nicht fündig. Der lokale Outdoor-Shop ist zwar total hilfsbereit, die gewünschten Ausrüstungsgegenstände sind in der Türkei aber einfach nicht erhältlich. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen, auch da meine gewünschten Mäntel außerhalb Europas nicht verfügbar scheinen.
Den Abend verbringen wir bei gutem indischen Essen.
Den Wecker für 5 Uhr lasse ich direkt an, wir wollen einen erneuten Versuch auf Ballons diesmal aber vom Dach des Hostels starten. Es ist zu angenehm im Bett, ich quäle mich trotzdem heraus. Der Ausblick lohnt sich. Es sind so viele Ballons unterwegs, es ist fast schon unwirklich. Meine Fotos sehen aus wie Foto-Montagen direkt aus Photoshop, eine unwirkliche Atmosphäre. Trotzdem bin ich froh wieder ins Bett zu kommen.
Wir sind überzeugt, selber auch eine Fahrt zu machen. Nach dem Frühstück machen wir uns auf die Suche nach dem besten Preis. Im Hostel bekommen wir auch ein Angebot, während wir essen wird gesagt dass wir uns mit der Entscheidung beeilen müssen, die Plätze verkaufen sich schnell. Am Ende zahlen wir 30€ weniger als der "beste Preis" den der Besitzer finden konnte.
Nach einem entspannten Vormittag gehen wir wandern. Ich hatte ähnlich wie beim Radfahren mit einem sehr zügigen Tempo gerechnet. Überraschenderweise trödeln wir aber viel, es gibt zu viel zu entdecken und zu fotografieren. Auch Jacks Drohne kommt zwischendurch zum Einsatz. Das Wetter ist sehr gut, die Umgebung aber noch viel besser. Die alten Gesteinsschichten strahlen unter dem Sonnenschein in verschiedenen Farben, die Jahrzehnte lange Erosion hat eine unglaubliche Fülle an unterschiedlichen Gesteinsformationen erzeugt.
Es geht durch schmale Täler, durch Tunnel, über Stock und Stein. Überall in den Felsen sind durch Menschenhand geschaffene Räume und Vertiefungen. Ein Highlight ist das Göreme Freilichtmuseum. Eine Vielzahl von alten Kirchen kunstvoll in den Fels geschlagen mit teilweise ziemlich gut erhaltenen Malereien auf den Innenseiten. Es ist spannend zu sehen, wie das eigentlich so primitiv erwartete Leben in Höhlen mit kunstvollen christlichen Malereien verbunden wurde.
Bis wir zurückkommen ist es längst dunkel, eine Burg im Fels lassen wir aus, lassen sie uns lieber für Sonnenschein übrig.
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