​​​​​​​Der Morgen läuft sehr träge. Wir können auschecken wann immer wir wollen, dementsprechend lassen wir uns richtig Zeit. Laura hat mir gestern noch Sticker designt und ich lasse mir beim Werbeladen nebenan einen ordentlichen Stapel drucken. Einen lasse ich beim Fahrradladen, schon andere Aufkleber sind dort an der Tür. Ich freue mich in Zukunft entlang meines Weges kleine Spuren hinterlassen zu können.
Irgendwann haben wir dann aber doch alles gepackt, alle Postkarten (die ich gestern noch verzweifelt gesucht habe) geschrieben und fahren los. Wir müssen die Postkarten aber noch im Postamt abgeben, dort ziehen wir eine Nummer und warten. Das ganze dauert ewig. Zum Glück hatten wir bei der Nummer Hilfe, der Automat war komplett auf türkisch. Inzwischen kann ich zwar Hallo sagen, wirklich weit kommt man damit aber auch nicht.
Anders als auf dem Hinweg ist die Ausfahrt aus Istanbul ziemlich entspannt. Nur kurz sind wir im Verkehr, danach geht es auf breiten Radwegen an der Küste entlang. Alles wirkt viel mehr wie ein Urlaubsort und nicht so viele Leute sind unterwegs. Das unglaublich geschäftige Treiben und die Massen an Autos, Motorrädern und Menschen ist verschwunden. Trotzdem nehmen wir nach knapp 30 Kilometern eine Fähre. Damit kommen wir direkt aus der Stadt heraus, es geht alles etwas schneller und einfacher. War es vorher noch flach, wartet jetzt ein ordentlicher Anstieg. Fast zehn Kilometer fahren wir bergauf. Mein Rad fährt nach dem umfassenden Service zwar wieder sehr gut, es ist trotzdem richtig anstrengend. Ich hatte gehofft nach der Pause würde sich auch meine Form etwas dem Tempo der anderen anpassen, leider ist das nicht der Fall. Ich mache lieber mein eigenes Ding, wir haben noch eine Woche vor uns, da muss ich mich nicht am ersten Tag kaputt fahren. Der Wechsel von Stadt zu Land ist rasant (anders aus ich bergauf). Nach kurzer Zeit sind wir komplett außerhalb der Zivilisation. Irgendwann sind wir endlich oben, jetzt geht es alles wieder nach unten. Wir mussten die Bergkuppe nur einmal überqueren. Einen Weg außen herum gab es nicht. Dafür winkt als Übernachtungsplatz heute ein großer See und damit auch die Möglichkeit meine Isomatte zu flicken. Ein Versuch im Waschbecken des Appartements ist kläglich gescheitert.
In einem kleinen Dorfladen kaufen wir Milch ein, bis zum See ist es aber eigentlich noch ein gutes Stück. An einem Feld mit genialer Aussicht und perfektem Sonnenschein sitzen ein paar Männer. Basil macht Pantomime und fragt ob wir auf dem Feld Zelten können. Die Männer sind begeistert, auch wenn die Parteien sich nicht verstehen. Hand und Fuß funktioniert dann irgendwie doch fast immer. Wir bauen unsere Zelte auf, kurz darauf müssen die Männer Probeliegen und auch Jacks Stuhl ist direkt belegt. Es werden Fotos gemacht und viel gelacht. Alleine sind wir danach aber nicht. Die Gruppe bleibt, aus drei Männern werden zwischenzeitlich sieben. Es werden Wein, Bier und Snacks angekarrt und unter allen aufgeteilt. Besonders spannend finde ich das große Fass Oliven. Oliven sind nicht mein Ding. Ich esse nichts davon, daher kann ich mich beim späteren Transport des Geschenks auch entspannt zurück lehnen. Jack und Basil bekommen außerdem sehr sehr großzügig Wein in ihre Tassen eingeschenkt. Der Wein schmeckt wohl nach Kopfschmerzen. Ich koche mir eine Portion Nudeln, die vermeintliche Tomatensoße aus dem Dorfladen hat die Konsistenz und Geschmack von Tomatenmark. Etwas Curry dazu, der Hunger treibt es schon rein. Unsere neuen Freunde schauen sich das ganze belustigt an.
Irgendwann wird es den Männern aber doch zu kalt. Spaßesweise wollen sie uns die Disko zeigen. Das Angebot ist etwas zweifelhaft und wir wollen lieber schlafen. Daher steigen sie etwas angetrunken in ihre Autos und fahren davon. Nicht ohne uns vorher noch für 6 Uhr zum Tee ins Cafe einzuladen. Ob wir das Angebot wahrnehmen können wird sich morgen zeigen.
Endlich sind wir alleine. Eine kurze Dusche später liegen wir im Zelt. Innerhalb einer halben Stunde ruft zweimal der Muezzin, es wird interessant ob das die ganze Nacht so weiter geht.
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