​​​​​​​Während ich am Abend meinen Blog geschrieben habe, gab es ein Erdbeben. Ich habe nichts davon mitbekommen, die anderen beiden haben es aber bemerkt. Später schauen wir nach und das Internet bestätigt ein Erdbeben der Stärke 4,6 genau dort wo wir gerade sind. Mein Zelt hat in der kasachischen Wüste aber schon mehr ausgehalten.
Der Morgen ist wie immer, das einzige Problem ist der Backkakao mit dem ich probiert habe den normalen Trinkkakao in meinem Porridge zu ersetzen. Er hilft dem Geschmack nicht weiter, macht das Porridge eher bitter. Also muss eine Menge Honig herhalten, Obst haben wir leider auch keins. Wir warten auf Annick, sind irgendwann etwas beunruhigt, dass sie nicht wie besprochen um 8 Uhr am Treffpunkt ist. Ich bin aber wie immer langsam mit dem packen, als dann irgendwann ein neon gelber Helm, den Hügel hochkommt, ist mein Rad noch nicht bepackt.
Es dauert aber nicht lange und unsere Fahrt über die Waschbrett Schotterwege, Steine und vereinzelte Asphaltreste kann weiter gehen. Trotz allem fühlt es sich heute weniger beschwerlich an und wir kommen gut voran. Nach knapp zwei Stunden haben wir schon 26 Kilometer geschafft, gestern waren wir zu diesem Zeitpunkt schon kaputt und deutlich weniger weit. Am Straßenrand sehen wir ein Restaurant, eigentlich wollten wir nur ein paar Getränke, Annick entscheidet sich aber dort zu essen. Jack und ich wollen eigentlich erst weiter, dann sehen wir die Kartoffel Pommes. Eigentlich spricht ja doch nichts gegen einen kurzen Stopp.
Passend zur Situation mache ich weiter mit neinem Vorhaben Jack deutsche Wörter beizubringen. Auch Sprichwörter gebe ich immer wieder zum besten. "Man muss die Feste feiern wie sie fallen" passt hier sehr gut und so steht plötzlich neben den pommes auch noch eine Portion Plov, dem typischen Reisgericht Zentralasiens auf dem Tisch. Es schmeckt wirklich gut und wir sind froh geblieben zu sein, auch wenn es eigentlich zu früh war für einen Mittagsstopp.
Auf dem weiteren Weg sehen wir wieder Soldaten patrouillieren. Außerdem sind in jeder kleinen Stadt und auch so mitten im nirgendwo befestigte Anlagen mit zum Teil Gräben und Schießscharten. Auch an den Straßen sind immer wieder Deckungen aufgebaut die in Richtung Grenze und Afghanistan zeigen. Unterschiedlicher könnte der Kontrast dort nicht sein. 90% der Zeit schlängelt auch einfach nur eine kleine Straße durch die Felsen. Menschen sieht man quasi keine. Es wirkt wie eine Verteidigung gegen eine unsichtbare oder nicht vorhandene Bedrohung.
Auch nach der Pause läuft es gut, nur inzwischen hat die Sonne wieder deutlich mehr Kraft und es wird heißer. Der "Straßenbelag" ist weiter gleichbleibend schlecht. Außerdem gibt es lange keinen Minimarkt oder Restaurant mehr. Die Entscheidung früh zu essen war genau richtig. Jack und ich sind vorgefahren, Annick ist ein gutes Stück hinter uns. Langsam werden wir aber müde und haben beide ziemlich Lust auf eine Cola. Ich will schon abhalten und ein paar meiner not Kekse essen, da sehen wir auf der Karte ein Dorf. Ein paar Kilometer später sitzen wir vor einem Markt mit kühlen Getränken, deutsch abgekühlt an dem örtlichen Wasserrohr. Es gibt Kekse und Milchtoffee, dazu Cola. Meine Ernährung hier ist wirklich unterirdisch. Ein gutes hat es im Moment, die ganzen Kalorien halten den Körper sehr gut am laufen und eine richtig tiefe Müdigkeit setzt nicht ein.
Wir suchen uns noch einen Campspot für die Nacht aus. 33 Kilometer sind doch etwas mehr als wir eigentlich wollten, dafür wird der Tag dafür morgen umso kürzer. Die nächsten Sprichwörter aus verschieden Sprachen werden zum besten gegeben. Das Leben ist kein Ponyhof, gibt es ähnlich auch im belgischen. Wir sind uns einig der Grundsatz, der auch schon mit Basil galt, gilt auch jetzt, das hier ist kein Urlaub und auch kein Kindergeburtstag. Also fahren wir los und beeilen uns etwas. Die Straße kommt uns entgegen, die Höhenmeter sind vorbei und auch der Belag wird immer besser. Als wir auf ein Stück Straße mit weißen Linien kommen, brechen wir alle spontan in Jubelschreie aus. Die Straße war lange nicht mehr so gut. Der Spaß hält nicht lange an und der Zustand der Straße ist wieder wie vorher, nur Schotter haben wir keinen mehr. Besonders anstrengend sind aber die 4x4 Jeeps. Schon den ganzen Tag über haben wir gemerkt, dass diese schlimmer sind als die LKWs. Diese wirbeln mehr Staub auf, sind aber auch immer deutlich langsamer. Die 4x4s sind meistens Reisegruppen, die von ihren Fahrern möglichst schnell ans Ziel gebracht werden sollen. Die Fahrer suchen die beste Linie uner den Asphalt und Schotter. Wenn dort ein Radfahrer ist, dann hat er Pech gehabt und schnell Platz zu machen. Die Fahrer sind super schnell unterwegs, für uns ist das echt gefährlich. Auch in der Stadt ist das nicht anders, dazu kommen jetzt noch Kinder auf Fahrrädern, die Rennen fahren wollen und auf Schlangenlinien die halbe Fahrbahn einnehmen, uns damit in Richtung Jeeps drängen. So macht Rennen fahren nicht so viel Spaß. Einer der Jungen hält aber dafür wirklich lange durch.
Kurze Zeit später sind wir in Rushan einer etwas "größeren" Stadt vor Khorog. Los ist hier trotzdem nichts. Direkt nach dem Stadt Eingang reißt mir die Kette, bzw das Kettenschloss bricht auf. Zum Glück habe ich noch Ersatz und so mache ich mitten auf der Hauptstraße, auf der kein Verkehr ist, das Fahrrad wieder fahrtüchtig. Annick hat etwas von einem besonders gutem Bäcker gehört, wir fahren an allen Supermärkten vorbei, legen unsere gesamte Hoffnung in den Bäcker. Nach meinen technischen Problemen ist es noch später und wir machen uns Gedanken, ob wir noch bei Tageslicht am Zeltplatz ankommen. Den Bäcker gibt es nicht mehr, vernünftig Obst eingekauft haben wir aber auch nicht. Annick entscheidet sich gegen den Stress und für eine Übernachtung in der Stadt. Jack und ich wollen lieber zelten und fahren noch fünf Kilometer zu einem guten Spot. Wir sind zufrieden, das Panorama um uns herum ist genial und beeilen mussten wir uns auch nicht.

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