​​​​​​​Wir stehen heute extra früh auf, noch vor 6 Uhr klingelt der Wecker. Wir packen unsere Schlafsäcke und Matratzen ein, plötzlich steht ein Kind in der Tür und schaut uns dabei zu. Die Räder sind schnell beladen, das Frühstück haben wir auf später verschoben. Erst wollen wir etwas vorankommen und wenn möglich ein paar Baustellen umfahren bevor sie die Straße sperren.
Wir fahren los und haben die Straße ganz für uns alleine. Wie gestern aber zeigt sich, der Name Straße ist hier zu hoch gegriffen. Asphalt gibt es nur ganz selten mal und wenn dann so kaputt, dass nur ein schmaler Streifen, gerade breit genug für einen Slalom fahrenden Radfahrer, bleibt. Nach circa anderthalb Stunden haben wir alle ziemlich Hunger, die Rettung verspricht ein kleines Dorf mit einem großen Platz und mehreren kleinen Märkten. Leider haben alle geschlossen. Auch die herum stehenden Männer können uns nicht weiter helfen. Also gibt es doch Porridge. Wir machen Witze, dass jetzt wo wir anfangen zu kochen jemand kommt und einen Laden öffnet, aber ein Besitzer kommt erst nachdem wir alle fertig sind und gespült haben. Eigentlich haben wir aber alles und so geht es gut gestärkt zurück auf die Räder.
Das Tempo in der Gruppe ist unterschiedlich, so macht jeder sein eigenes Ding und wir treffen uns einfach zwischendurch an nostalgischen Punkten wieder. Das Vorankommen ist aber harte Arbeit. Die "Straße" ist viel mehr ein Weg, so unwegsam, dass man ihn fast schon als Trail verkaufen könnte. Ich bin heilfroh über unsere Breiten Reifen und meine kleinen Gänge. Es geht konstant auf und ab, wir sammeln massenhaft Höhenmeter. Es rollt also nie. Selbst bergab muss man stets die beste Linie suchen und wird trotzdem durchgeschüttelt. Bilder von der Straße spiegeln nicht wieder wie schlimm es in echt ist. Zusätzlich kommen immer wieder LKWs an uns vorbei gefahren und wirbeln Staub auf. Der Sand hat zwischendurch eine Konsistenz wie frischer Schnee und knarzt wenn wir darüber fahren. Gleichzeitig wird er aber aufgewirbelt und setzt sich überall an uns, den Rädern und Taschen fest. Selbst in meinem Mund knirscht es. Die LKWs kommen bevorzugt vorbei wenn es steil bergauf geht. Die erste Intention ist immer, Augen und Mund schließen, bis der schlimmste Staub verflogen ist. Nur leider geht es schlecht wenn man in einem weiteren etwas technischeren Anstieg ist und ein Sturz droht wenn man nicht sieht wo man hinfährt.
Trotz unseres frühen Starts schaffen wir es nicht den Sperrungen durch die Baustellen komplett zu entkommen. So stehen wir wieder vor einem Flatterband und werden auf unbestimmte Zeit vertröstet. Wir unterhalten uns mit einem Mann, der an einem Deutsch Tadschikisten Projekt arbeitet und mit seinem Fahrer Richtung Khorog unterwegs ist. Er erzählt, dass sie gestern Abend noch 5 Stunden feststeckten, weil ein LKW in einer Engstelle feststeckte. Wir hatten uns ohnehin schon gewundert wie die teilweise wirklich großen und alten LKWs über diese Straße kommen. Er hatte auch noch weitere interessante Fakten für uns. Er hat den Vorstand vom obersten tadjikischen Gerichtshof mit dabei. Dieser verdient im Monat 300 Dollar. Ein einfacher Arbeiter, der hier sie Straße absperrr und bewacht verdient am Tag umgerechnet 85 Cent, die Hälfte einer Nudelsuppe in einem Restaurant hier. Immer wieder sehen wir Soldaten über die Straße laufen. Der Grund dafür sei, dass dadurch die Grenze nach Afghanistan geschützt werden soll. Teile der Grenzregion gegenüber des Flusses sind unter Kontrolle der Taliban. Auch an einem Grenzübergang sehen wir eine weiße Fahne im Wind flattern. Angeblich wird die Grenze so stark bewacht, da sich viele ser Bewohner hier auch die Herrschaft der Taliban wünschen. Auf der afghanischen Seite ist Korruption quasi nicht vorhanden. Hier geht sehr sehr viel Geld direkt in die Arme des auf Bilderm omnipräsenten Präsidentens.
Annick ist am Ende des Tages davon etwas eingeschüchtert und möchte nicht im freien Campen. Sie bleibt an einem Restaurant und schläft auf einem der traditionellen erhöhten Podesten. Jack und ich fahren lieber noch sieben Kilometer weiter und bauen unsere Zelte auf. Versteckt vor den Blicken Neugieriger fühlen wir uns einfach sicherer. Es gibt wieder Nudeln mit Olivenöl, danach geht es in den Schlafsack.
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