In Dong Hoi nehme ich mir ungeplant eine Pause. Schon an den Tagen davor habe ich meinen Hals gemerkt und jetzt ist klar, weiterfahren kann ich so nicht. Ich habe am Morgen noch mehr Halsschmerzen als am Vortag, bin verschleimt und meinen Kopf merke ich auch. Ich warte darauf, dass es besser wird und verbringe so am Ende drei Tage dort. Einziger Trost ist, dass ich außer in der letzten Nacht das Hostel komplett für mich alleine habe und in ca. 20 Minuten Entfernung ein sehr nettes Cafe mit Bowls aus pürierten Früchten, Tee aus Ingwer, Limette und Zitronengras sowie Kakaos und Pfannenkuchen ist. Dort verbinge ich eine Menge Zeit und setze mich mit meinen Gedanken auseinander. Eigentlich befinde ich mich auf der Zielgeraden der Reise, aber gerade jetzt kommen eine Vielzahl von Zweifeln auf. Ich schiebe es auf die Einsamkeit und die fehlende Bewegung. Es kommt auf jeden Fall das Eine zum Anderen und in diesem Moment ist alles etwas zu viel.
So bin ich froh, als ich endlich wieder losfahren kann. An sich hätte ein Tag mehr Pause auch noch gutgetan, aber es geht mir so gut, dass ich es in Ordnung finde, weiter zu fahren. Es besteht eine geringe Chance, Jack in Bangkok wieder zu treffen, dafür muss ich aber schnell vorankommen. Am Tag davor hatte ich mich, obwohl ich seit langem mal wieder einen Warmshowers-Host organisiert hatte, doch noch spontan nach dem Frühstück für einen weiteren Tag Pause entschieden. Kaum sitze ich auf dem Rad, geht es mir mental auch wieder besser, die Gedanken verschwinden, und obwohl es wiedermal ein grauer, diesiger Tag ist, ist die Laune gut.
Ich fahre auf einer Hauptstraße, aber es ist nichts los. Parallel zu ihr verlaufen noch eine große Straße und der eigentliche Highway, an dem die Städte und Häuser liegen. Das heißt, ich habe zwar kaum Verkehr, aber auch keine Möglichkeit, Pausen zu machen und etwas zu Essen zu kaufen. Außerdem bin ich mit nur einer Radflasche losgefahren. Durch den Rückenwind komme ich aber so schnell voran, dass ich ohne großen Kraftaufwand nach 67 Kilometern in die Stadt komme. Kurz davor konnte ich noch mein Wasser auffüllen und hier finde ich einen Bäcker, bei dem es für umgerechnet 38 Cent ein Baguette mit frischem Rührei gibt. Ich esse direkt zwei, eigentlich hätte ich auch noch ein drittes genommen, fahre dann aber doch lieber weiter. Unterwegs gibt es noch einen Donut. Ich bin aber etwas beunruhigt. Immer wieder habe ich kleine Regentropfen abbekommen und ich rechne fest damit, noch einmal richtig nass zu werden. Aber ich habe Glück und es bleibt trocken. Der Regen muss wohl vor mir heruntergekommen sein. Als ich in der Stadt ankomme, ist alles nass und in der Luft steht die Feuchtigkeit extrem. Ich bin viel zu früh und setze mich deshalb noch in ein Cafe und warte. Dem Host hatte ich mich für vier Uhr angekündigt, jetzt ist es gerade mal Viertel nach zwei. Aber ich bin froh, noch etwas Zeit für mich zu haben, genieße das Kokos-Mango Getränk und lese mein Buch zu Ende. Ehe ich mich versehe, ist es schon vier Uhr. Ich rolle zurück zur genannten Adresse und klingel am Haus. Da ich nicht weiß, ob er zu Hause ist oder erstmal nur die Mutter, welche mit im gleichen Haus lebt, habe ich eine Google-Übersetzer-Nachricht fertig. Eine junge Frau kommt aus dem Haus, ich zeige ihr die Nachricht und sie ist einfach verwirrt. Vorher hatte ich ihm geschrieben, dass ich da wäre. Kurze Zeit später taucht er auf und klärt die beidseitigen Verwirrungen der Frau und mir. Es ist doch das falsche Haus. Am richtigen werde ich von wild bellenden Hunden in einem Zwinger empfangen. Sie sind nicht glücklich über meine Anwesenheit.
Ich kann duschen und meine Sachen ablegen. Danach fahren wir zu der Englisch-Schule, die er gerade eröffnet. Er möchte von mir und seinen Kindern dort Fotos machen. Vor Ort treffen wir auf ein paar der Mitbegründer. Ein Techniker der Telefongesellschaft verlegt barfuß Kabel und schließt Boxen an die Wand an. Im ganzen Gebäude wird noch gearbeitet, aber alle laufen barfuß, eine interessante Erfahrung. Es gibt Matten auf jeder Etage, um sich den Baustaub von den Füßen zu wischen. Dem Kind ist die Fotosession sichtlich unangenehm. Ich bin auch etwas überfordert, es fängt harmlos an, ich soll auf einem Heft etwas zeigen und einfach sprechen. Später bringen sie das Kind dazu, sich mir an den Hals zu werfen. Naja …
Zurück zu Hause gibt es ein leckeres Abendessen. Wir sitzen noch zusammen, ich zeige ein paar Fotos der Reise und er erzählt von anderen Radfahrern, die er hier gehostet hat. Ein netter Abend, ich lese den Kindern noch aus ein paar Englischheften etwas vor, dann geht es für alle ins Bett. 
 
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