​​​​​​​Die Schüsse gehen in der Nacht noch weiter, auf meiner geflickten Isomatte schlafe ich aber tief und fest. Das alte Muster tritt wieder ein, obwohl ich am Vortag vorgepackt habe, muss der Rest auf mich warten.
Wir fahren 26 Kilometer in die nächste Stadt, dort gibt es Milch und sogar Obst obwohl noch Feiertag ist. Wir setzen uns in ein Cafe, direkt daneben ist ein Turkcell Laden. Wir haben Glück er ist sogar geöffnet. Gestern wurden unsere SIM Karten deaktiviert, da uns anscheinend nur Touristen SIMs mit 17 Tagen Laufzeit verkauft wurden. Noch mehr Glück haben wir, als während wir essen ein Österreicher auftaucht, der hier im Urlaub ist. Mit seiner Hilfe laden wir unsere Karten wieder auf, immerhin kostet es diesmal keine 20€ wie in Istanbul. Schon damals kam es uns irgendwie seltsam vor, aber immerhin hatten wir Internet.
Wir fahren in der größten Mittagshitze weiter, die Sonne sorgt für Kopfschmerzen. Es ist ein ständiges auf und ab. Wir sammeln ordentlich Höhenmeter, während wir durch kleine verschlafene Dörfer fahren. Immer wieder stehen Tiere auf dem Weg, an Gänse haben wir uns gewöhnt, als plötzlich eine Kuh vor uns her rennt sind wir aber doch verwundert. Es ist ein großes schweres Tier, wir haben alle etwas Respekt als sie stehen bleibt und wir vorbei müssen. Ohne angegriffen zu werden kommen wir vorbei und fahren ein Stück bevor wir anhalten um auf die Karte zu schauen. Kurz darauf kommt ein Traktor angefahren, vor ihm her rennt die Kuh. Wir fragen uns wie weit sie schon von ihrem Bauern weggelaufen ist.
An den Anstiegen merke ich langsam endlich eine Veränderung, ich werde nicht mehr so schnell abgehangen. Ich bin sehr erfreut, auf den Abfahrten rolle ich immernoch allen davon.
Bei unserem Mittagsstopp sind wir wieder umringt von Menschen. Alle wollen uns helfen und etwas Gutes tun, oder sind einfach nur interessiert. Es ergeben sich so schöne Begegnungen, teilweise ist es aber auch sehr laut und intensiv, ein harter Kontrast zum entspannten Fahren auf dem Rad. Wir sitzen in einem Café, ich esse ein großes Brot, fülle es mit einem Glas Kirschmarmelade. Von der anderen Seite wird uns permanent eine Mischung aus Englisch und Türkisch zu gerufen.  Der Angestellte des Cafés ein Jugendlicher in unserem Alter stellt dazu permanent Fragen über Google Übersetzer. Die Pause ist länger als geplant, wirklich erholt sind wir danach nicht. Den Tee bekommen wir geschenkt.
Im Gehen bemerken wir, dass der Himmel ziemlich grau ist. Es sieht nach Regen aus. Schon nach kurzer Zeit bekommen wir die ersten Tropfen ab. Komoot führt uns über eine Straße die abgesperrt ist. Schnell ist es nur noch ein breiter Schotterweg, auf dem wohl neu gebaut werden soll. Genau nach dem Stück fängt es an zu Regnen. Wir können uns gerade noch unterstellen, dann fängt es an zu schütten. Danach sind wir nicht mehr so von unserem Camping Plan überzeugt, statt einem ruhigen Ort in einem Feld hätten wir lieber ein Dach über den Zelten. Wir entscheiden uns in einem Dorf nachzufragen, suchen uns das schönste Haus heraus. Ich schreibe eine Nachricht in den Google Übersetzer, erst ist der Mann dem ich die Nachricht zeige skeptisch und schickt uns weiter in die nächste größere Stadt. Seine Frau kommt heraus, sie ist Englisch Lehrerin, dadurch fällt die Verständigung einfacher. Ihre Nichte, auch in unserem Alter und angehende Englisch Lehrerin kommt ebenfalls heraus, sie können uns aber alle nicht weiter helfen, das Haus gehört den Großeltern und es gibt kein Dach für unsere Zelte. Jedenfalls keines wo sie uns Zelten lassen. Verschiedene Vorschläge werden gemacht und verworfen, eigentlich wollen wir schon weiter fahren, da kommt ein Freund der Familie. Er scheint Kontakte im Dorf zu haben, kurze Zeit später sagen sie uns, wir können im Ärztehaus des Dorfes schlafen. Der Mann will uns dorthin bringen, vorher lädt die Familie aber noch zum Essen ein. Der Tisch ist sehr gut gefüllt, gefühlt essen aber nur wir. Die Gespräche mit der Nichte sind sehr angenehm, sie spricht gutes Englisch. Alle sind entspannt stellen neugierig Fragen und lassen einander ausreden. Ein Kontrast zu den sonstigen chaotischen Unterhaltungen. Die Tante übersetzt unsere Unterhaltung permanent für alle anderen. Die Stimmung ist sehr gut. Mir wird gesagt ich würde gutes türkisch ohne Akzent sprechen. Ich bin etwas verwundert, mein Wortschatz umfasst nicht viele Wörter.
Irgendwann fahren wir hoch zum Ärztehaus, es ist deutlich größer als erwartet, jeder hat sein eigenes Zimmer mit Platz für die Isomatte, ich bin sicher vorm Schnarchen des Rests.
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