Die Nacht hatte gar nicht so kalt angefangen, es reichte aus sich mit dem Schlafsack zu zudecken. Im Laufe der Nacht wurde es immer kühler, gegen halb 5 habe ich den Schlafsack dann ganz zu gemacht. Das ganze noch auf 2600 Metern ist etwas beunruhigend für die restlichen Tage. In der Nacht bellt der Hund der Familie unsere Zelte ein paar Mal an und weckt uns auf, aber es ist zum Glück nicht so schlimm wie in unserer zweiten Nacht in Tadjikistan, wo wir jede anderthalb Stunden geweckt wurden. Der Vogel über meinem Zelt ist mit seinen Rufen ein sehr guter Wecker, noch vor meinem Alarm bin ich wach und stelle mich mental auf das Aufstehen und Verlassen des Schlafsacks ein.
Es gibt Porridge (wie immer), von der Familie bekommen wir noch Brot und Äpfel. Zum Glück auch etwas Tee, damit und ein paar Kniebeugen wird mir auch wieder warm. Nach Jacks gebrochener Schraube gestern, komtrolliere ich nochmal alle Schrauben an meinen Gepäckträgern, auch die Gepäcktaschen überprüfe ich. An einer ist wieder eine Schraube verloren gegangen. Zum Glück habe ich mir damals Ersatz aus Deutschland bestellt. Beim Überprüfen der Tasche fällt mir auf, dass meine Brühwürfel Packungen aufgegangen und Brühe am gesamten Taschenboden verteilt haben. Während der Rest an gepackten Rädern steht, fange ich an meine Kochtasche komplett zu leeren und sauber zu machen. Die Putzaktion am Vorabend scheint nicht genug gewesen zu sein. Wir sind immer noch unsicher ob wir heute zu den heißen Quellen, zu denen wir es gestern nicht geschafft haben, fahren sollen. Am Ende entscheiden wir uns dafür, der Rest fährt schonmal los, ich packe in Ruhe meinen Kram ein. Zuvor hatte Jack noch seine Süßigkeiten verschenkt und ich den Kindern Aufkleber gegeben. Beides sorgte für begeisterung. Nachdem ich gezeigt hatte, dass an meinem Rad auch ein Aufkleber ist, musste ich den Jungen den Sticker auf ihre Räder kleben. 
Ich fahre die fünf Kilometer bis zum Anstieg zu den Quellen, dort erwartet mich der Schock. Um zu ihnen zu gelangen, muss ich acht Kilometer den Berg hoch. Noch dazu ist es so steil, dass ich ziemlich schnell mein Rad schieben muss. Am Straßenrand sind eine Vielzahl von Kindern. Wo es vorher von jedem Kind immer hieß: Hello, what is your name? Gibt es hier nur zwei Wörter: chocolate yes? Der Einfluss des verstärkten Tourismus an diesen nostalgischen Stellen ist so direkt spürbar. Ein paar Kindern helfen mir beim schieben, etwas im Austausch kann ich jedoch nicht anbieten, meine Vorräte sind, bis auf ein paar trockene Kekse, komplett aufgebraucht. Zwischendurch kann ich wieder fahren, die Luft hier ist schon sehr dünn, die Quellen liegen schließlich auf ca 3200 Metern. Ich leide den Berg hinauf, umringt von Kindern die auf mich einreden, eigentlich wäre ich jetzt lieber alleine. Unterwegs treffe ich Jack der an einer Kehre Pause macht. Er sagt Annick ist per Anhalter den Berg hinauf und hat ihr Rad an einem Minimarkt untergestellt. Das ist schlau, so hätte ich mir einiges an Arbeit erspart.
Irgendwann bin ich endlich oben, die Anstrengungen des Anstiegs sind deutlich zu spüren. Ich bin richtig platt. Mein Rad stelle ich neben das von Jack hinter dem Eingangshaus. Danach geht es mit einem Handtuch bewaffnet weiter. Die Türen sind auf Tadjik beschriftet, ich erwische natürlich versehentlich die Damen Umkleide. In der Herrenumkleide herrscht reger Betrieb. Es riecht etwas nach Urin. Man macht sich frei, dann geht es in das Becken mit dem heißen Wasser. Etwas Unwohl ist mir bei dem Gedanken meine Hüfttasche mit der Kamera und allen anderen Wertgegenständen zurück zu lassen, aber es bleibt mir nichts andere übrig. Anders als die vorherigen heißen Quellen, sind diese halb indoor. Um den Auslass in der Felswand wurde mit immensen und hässlichen Beton-Aufwand ein Becken inklusive Haus gebaut, zum Himmel bleibt nur noch ein kleiner Spalt. Unter dem Gebäude fließt ein Bergbach inklusive Wasserfall hindurch. Ein tolles Setting, mit eigentlich noch einer Menge Potential. Das Wasser hier ist deutlich heißer als in der anderen Quelle, dafür ohne Sulfur. Hier kann ich ohne schlechtes Gefühl den Kopf Unterwasser halten. Auch sehr praktisch da wir uns gestern nicht wirklich waschen konnten. Immer wieder verlasse ich das Becken um wieder abzukühlen, in der feucht heißen Umkleide geht das jedoch schlecht. Ein Fenster schafft Abhilfe und gibt außerdem den Blick auf einen schönen Wasserfall frei. Das Wasser aus dem Bach wäre eine perfekte Abkühlung. Gegen Ende habe ich das ganze Bad für mich sehr angenehm. Der Aufstieg zu den Quellen, wenn auch sehr Energie-raubend hat sich gelohnt.
Gut erholt geht es in die Abfahrt, auf der wir auch Annick wieder treffen, sie ist zurück zu ihrem Fahrrad gelaufen. An einem Minimarkt machen wir eine Pause und werden wieder umringt von Kindern, die hoffen etwas Süßes bin uns zu ergattern. Bis zu unserem Ziel Langar, in dem wir noch ein letztes Mal richtig in einem Bett schlafen wollen, bevor es hoch in die Berge geht sind es 45 Kilometer. Eigentlich nicht viel, die Straßen hier machen die Distanz aber zu einer wirklichen Herausforderung. Trotz vergleichsweise wenigen Höhenmetern, ist es richtig harte Arbeit. Der Untergrund welchselt von tiefen losem Kies, zu großen Steinen die unfahren werden müssen, zu festen Waschbrett Rillen die uns komplett durchschütteln, bis zu tiefem Sand der uns zum Absteigen zwingt. 
Wir machen eine Pause, sie kommt mir zu gute, ich bin schon wieder ziemlich platt. Eine Packung Kekse, Chips und 1,25 Liter Cola erwecken meine Lebensgeister und wir nehmen die ketzten 19 Kilometer in Angriff. Langsam wird es dunkel unsere Gruppe ist weit verstreut. Jack ist vorgefahren und Annick irgendwo hinter mir. Als ich am Hostel ankomme ist es gerade dunkel geworden. Annick kommt erst eine halbe Stunde später, ich mache mir schon Sorgen. Es ist stockfinster.
Gegen die heiße Quelle kommt die Dusche hier nicht an, dafür gibt es eine ordentliche Portion Abendessen und ganz viel Tee. Ich freue mich über das warme Bett und gehe aufgeregt und nervös über die nächsten Tage schlafen.
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