Ich wache an einem Café Tisch auf, meine Sicht ist etwas verschwommen und ich bin kurz etwas orientierungslos. Wo bin ich gerade genau?
In der Nacht davor war ich, wie zu oft, zu lange wach. Der Schlaf fällt entsprechend kurz aus. Zerknautscht wache ich auf, zusätzlich ist es kälter als noch am schönen Platz am Strand. Ich beschließe mein Müsli lieber im Zelt zu essen. Die Suche nach 0,5 L Packungen Milch wird auch immer schwieriger, ich hatte deshalb gestern die gute Idee einfach mein Müsli mit Kokosmilch zu essen. Eine Idee die ich so lange gut fand, bis ich nach der kalten Nacht die Dose öffne und einen Block Kokosmilch in der Hand habe. Nicht so gut für ein Müsli. Nach ausreichend umrühren, ist die Milch aber flüssig genug und ich kann mein Müsli doch noch genießen.
Danach brechen wir auf, ca. 300 m Luft-Linie von uns ist ein Wohnwagen mit einem Hund. Wir diskutieren darüber woher das Bellen die ganze Nacht kam, ich bin überzeugt es kam von dort.
Danach steht bloßes Kilometer abspulen auf dem Programm, wir wollen heute noch in die Türkei kommen.
In der Mitte des ersten längeren Anstiegs halten wir zum Glück an einem Café. Ich lade alles an elektrischen Geräten was ich kann. Es gibt einen schlechten Früchtetee, welcher aber meine Vorfreude auf guten schwarzen Tee in der Türkei nur noch größer macht. Erst bekommen wir von einem Mann Sesamkringel, danach von der netten Besitzerin ein Stück Kuchen. Der Kuchen ist interessant. Er sieht aus wie ein roter Schwamm, hat fast die Konsistent von Wackelpudding und schmeckt nach Erdbeere. Basil mag ihn nicht, ich esse sein Stück auf. Ich habe Hunger und bin dankbar für jede Kalorie die ich meinem Körper zuführen kann.
Viel vom Tag verläuft heute auf Schotterstraßen. Es ist ein Bikepacking Traum. Ich kann mein Glück kaum fassen, während ich atemlos im Anstieg hinter dem Rest herhechel. Die Abfahrt hingegen macht jede Anstrengung vergessen. Der Ausblick ist super und der Untergrund hat die perfekte Mischung aus nicht zu technisch und trotzdem interessant.
Nach 70 Kilometern bin ich froh als wir am Mittagsstopp ankommen. Ich plündere den Kühlschrank des Cafés und esse meine Reste vom Abendessen. Die Flaschen füllen wir mit nach Chlor schmeckendem Wasser, ich bin inzwischen viel gewöhnt.
Danach geht es Richtung Grenze, auf den letzten zehn Kilometern hält Griechenland aber noch ein ordentliches Komoot Special für uns bereit. Wir stehen in einer hoch bewachsenen Wiese, von einem Weg ist nichts mehr zu sehen. Meine Beine jucken wegen der ganzen Pflanzen. Die Orientierung geschieht nur noch auf Grundlage der Linie auf meinem Tacho. wir kommen kaum voran. Nach einem Feld mit hohem Getreide haben wir es geschafft und sind wieder auf der Straße.
In der Ferne können wir schon einen LKW Stau an der Grenze sehen. Dort angekommen wird es nur noch schlimmer, es ist interessant das hier überhaupt noch Autos hindurch kommen. Man scheint wohl länger hier zu bleiben, ein Mann mit einer Kiste voller frischem Fisch kommt an uns vorbei gelaufen. Wir schummeln uns an der Autoschlange vorbei in den Schatten direkt vor dem Stempelhäuschen und geben einem unmotivierten Grenzbeamten unsere Pässe. Einen Stempel gibt es nicht. Damit haben wir Griechenland und die EU verlassen. Die griechische Grenze sah nicht besonders aus, wir erwarten auf der türkischen Seite nicht viel mehr. Normalerweise waren immer die europäischen Seiten im besseren Zustand. Es geht über eine Brücke in der Ferne sehen wir schon riesige türkische Flaggen. Aber auch sehr viel Militär steht an der Seite. Wir wollen ein Bild am Grenzschild schießen, schnell wird uns aber klargemacht, dass wir nicht anhalten und erstrecht keine Fotos machen sollen. Auf der türkischen Seite der Brücke ist sogar noch mehr Militär, es gibt eine eigene kleine Basis. Danach taucht um die Ecke das erste türkische Grenzgebäude auf. Es ist riesig groß, nichts was wir bisher an den Grenzen gesehen haben, kommt diesem auch nur nahe. An großen Fahnenmasten hängen noch größere Fahnen, wir sind beeindruckt. Wir passieren insgesamt drei dieser Gebäude, unterwegs bekommen wir sehr unwillig einen Stempel in dem Reisepass, jedoch sehr schief und kaum aufgedrückt.
Aber das ist uns egal, ein Stolz auf unsere bisherigen Leistungen setzt ein. Es ist unglaublich, wie weit wir schon gekommen sind. Am Ende ist sogar doch noch ein Bild mit dem Willkommen in der Türkei Schild drin. Die Türkei, das Ende von Europa, der Anfang von Asien. Das Ende des Bekannten, der Ausgangspunkt für ein noch größeres Abenteuer. Es scheint viel mehr zu sein, als nur ein weiteres Land auf dieser Reise. Ich fühle mich toll, all das Frieren der ersten Wochen, der Regen im Balkan und die Anstrengungen sind vergessen.
Zum Abend essen wir in einem Restaurant, es gibt endlich schwarzen Tee, Piden mit Käse und verschiedenste Brot und türkische Pizzavariationen für den Rest. Am Ende bezahlen wir keine 9€. Zum ausgesuchten Platz für unsere Zelte fahren wir noch einen Anstieg hoch. Die kulturellen Unterschiede werden schnell deutlich, an einer Ampel hält vor uns ein Auto, der Mann sitzt vorne, die Frau mit Kopftuch hinten. Ich muss noch einmal all out gehen, der Rest scheint entspannt zu kurbeln. Trotzdem komme ich an, überall wächst Salbei. Es riecht wieder sehr gut. Nach einer Dusche aus der anderthalb Liter Wasserflasche rieche ich auch wieder halbwegs akzeptabel.
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