Keine vier Tage hat es gedauert, schon liege ich wieder flach. Was mit starker Müdigkeit am Abend angefangen hat, endet in einem Durchfallmarathon in der Nacht. Alle anderthalb Stunden stehe ich auf und gehe auf Toilette. Dem entsprechend geht es mir am nächsten Tag. Ich schlafe bis 13 Uhr und bleibe danach direkt im Bett liegen. An diesem Ort sollte sich die nächsten Tage nicht mehr viel ändern. Am Ende bleibe ich statt zwei Nächten, ganze fünf in Duschanbe und der Grund dafür sind keine ausgeprägten Museumbesuche oder Wanderungen durch die Stadt.
Nach einer Nacht mit richtigem Schlaf, geht es mir schon wieder besser, aber der Durchfall bleibt. In der nächsten Zeit kommt mit dem Pamir Gebirge, die spannendste aber auch anstregendste Zeit auf mich zu. Ich will also im möglichst besten körperlichen Zustand sein. Andererseits läuft uns die Zeit davon. Nach der dritten Nacht sage ich Jack er soll schon losfahren, ich nehme mir noch einen Tag extra zu Erholung, danach komme ich per Anhalter nachgefahren. Also Fährt Jack in Begleitung von Annick, einer sehr netten Dame aus Belgien, die in die sekbe Richtung will wie wir los. Aus dem einen Tag werden zwei, aber dann bin ich bereit um wieder aufs Rad zu steigen.
Um die beiden einzuholen, muss ich ca 210 Kilometer per Anhalter fahren. Für den ersten Teil durch das Gebirge bis nach Khorog gibt es zwei Wege. Wir haben uns für den nördlichen entschieden, dieser ist abgelegener und schöner. Die Straßen sollen schlecht sein dafür ist der Verkehr weniger. Gut für Radfahrer, schlecht zum per Anhalter zu fahren, vorallem mit einem Fahrrad dabei.
Ich fahre ein Stück aus Duschanbe heraus und probiere LKWs anzuhalten. Schon jetzt fällt mir auf, dass nicht viele in meine Richtung fahren. Es kommt mir noch ein Soldat zur Hilfe der gutes Englisch spricht, aber das Ergebnis ist das gleiche. Keiner kann mich mitnehmen. Immer wieder wird mir jedoch gesagt, ich solle einfach ein Stück zurück fahren, dort wäre ein Parkplatz, wo ich sicher jemanden finden würde. Irgendwann gebe ich auf, auch der Soldat sagt ich soll einfach dort hin gehen. Meine Hoffnung einen Van oder Pickup auf dem Parkplatz zu finden, lösen sich direkt in Rauch auf. Es gibt nur normale Autos und mein Fahrrad ist kein kleines Rennrad. Ich frage trotzdem herum, wer mich mitnehmen könnte und werde am einen Taxifahrer verwiesen. Er fährt genau zu dem Dorf wo Jack und Annick auskommen wollen. Die Fahrt kostet mich 17€, das Rad soll aufs Dach gespannt werden. Gut finde ich das nicht, zu sehr habe ich Angst um mein schönes Rad. Ich frage ob es auch in das Auto kann, dafür wird ein extra Preis von 50 Som fällig (umgerechnet 4€), denke ich jedenfalls. Ich bin einverstanden. Mit vereinten Kräften kommt das Rad in den Opel Zafira, ein paar der Sitze werden umgeklappt.
Ich sitze auf der Rückbank, rechts neben mir ein sehr alter Tadjike, links ist das Fahrrad. Der Rahmen bohrt sich in meine Schulter und der Gepäckträger ist nur wenig von meinem Gesicht entfernt. Der Taxifahrer will das Geld bevor wir losfahren. Ich gebe ihm die 250, nicke und lächele, aber er ist nicht zufrieden. Es stellt sich heraus, für das Rad im Auto will er 500 und nicht 250, was dann umgerechnet 43€ wären. Der Grund, durch das Rad kann er weniger Leute mitnehmen. Wir einigen uns auf einen Rabatt von 8€, dann kann es endlich losgehen.
Die Fahrt ist ruhig, es ist zwar eng, aber es passt. Auch diesmal sollte ich eines anderen belehrt werden. Google Maps zeigt mir für die 200 Kilometer eine Fahrtzeit von fünf Stunden an. Jack hatte schon angekündigt, dass die Straße schlechter wird. Dass es solch ein Ausmaß annimmt hätte ich nicht gedacht. Das Wort Schotterstraße ist gar nicht mehr zutreffend, Steinweg trifft es eher. Der alte Opel quält sich über das unebene Terrain, permanent gibt es Schläge vom Untergrund. Zuhause wurde man ängstlich zusammenzucken und hoffen dass nichts passiert ist. Hier ist es einfach normal. Immerwieder gibt es Reste einer Straße, der Schotter drum herum ist jedoch so ausgewaschen, die kleinen Stücke Asphalt sind eher ein Hinderniss. Es fühlt sich an als würde der Fahrer schnell fahren, teilweise kratzen wir aber gerade mal an der dreißig wenn es hoch kommt. Verkehr ist hier intwischen keiner mehr, erstrecht keine LKWs. Ich habe also alles richtig gemacht, per Anhalter wäre ich auf dieser Straße sicher nicht angekommen. Die Fahrt zieht sich, ich habe permanent meine Hand an meinen Gepäckträger, der nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt ist. Zu groß ist die Angst, dass ich mir sonst bei dem Geschaukel ein paar Zähne ausschlage. Es ist wirklich die Hölle, der Weg nur noch ein Fahrzeug breit und unglaublich uneben. Ich dachte der Bus zurück aus den Bergen in Georgien war abenteuerlich, aber dieser war im Vergleich ein Spaziergang über einen perfekt geharkten Schotterweg in einem schönen europäischen Schlossgarten. Ich bin wirklich froh, dass mein Rad nicht auf dem Dach ist, es wäre nicht heile angekommen.
Irgendwann überprüfe ich, wo der Campspot ist, den Jack als Treffpunkt ausgewählt hat. Meine Freude über das Taxi ist direkt verschwunden. Von Dorf wohin ich fahre, sind es noch weitere 13 Kilometer bis zum Treffpunkt. Zusätzlich wird es langsam dunkel. Auf diesen Straßen kommt man im dunklen nicht weit. Ich habe Glück, der Fahrt fährt noch weiter und nimmt mich noch 10 Kilometer mit. Inzwischen ist es stockdunkel. Dann ist Schluss, ich baue mein Rad zusammen, hoffe dass ich nicht vergessen habe, das Taxi rauscht ab in eine Straße zu einem anderen Dorf. Ich nehme die restlichen Kilometer zum Spot unter die Räder.
Ich dachte auf dem Fahrrad wird es besser, aber in der Dunkelheit ist es extrem fordernd. Ich sehe trotz gutem Licht nicht viel und verfahre mich prompt, wobei ich durch den sandigen Untergrund ehr schieben musste. Ein verzweifelter Anruf bei Jack bringt mich wieder auf den richtigen Weg, ich bin einfach dran vorbei gefahren, obwohl dies die eigentliche Straße ist. Bald komme ich dann am Spot an, mit meinem Licht haben sie mich schon aus der Ferne gesehen. Es ist schön wieder in guter Gesellschaft zu sein. Es werden Schauergeschichten über angebliche Bärensichtungen in der Umgebung ausgetauscht, die Essenstaschen lassen wir lieber etwas weiter weg vom Zelt.
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