Der Titel des Blogs hat nichts mit meinem immer länger werdenden Bart zu tun, auch wenn manche Familienmitglieder das vielleicht behaupten würden. Nachdem ich heute das grauenhafte Hotel verlassen habe, um halb 10 lag der Besitzer immer noch in einer schmuddeligen Bettdecke auf einem Faltbett hinter der Theke, sehe ich in den kleineren Dörfern entlang der Straße immer mehr muslimische Details. Frauen tragen plötzlich wieder Kopftücher, Männer die typischen weißen Kappen auf dem Kopf. Sogar an manchen Häusern finden sich arabische Schriftzeichen, wie wir es noch aus der Türkei gewohnt waren. Ich bin überrascht, all dies hier zu sehen, auf der anderen Seite aber auch nicht, die immense kulturelle Diversität dieses Riesenlandes kennt keine Grenzen. Ich beobachte noch eine Hochzeit, ein teurer Mercedes ist geschmückt mit roten Blumen.
Lange aufhalten tue ich mich damit aber nicht. Ich habe noch einiges vor mir, und nach dem ganzen Chaos gestern bin ich heute viel zu spät losgekommen. Mein Rad ist voller Snacks, sogar Bananen gibt es. Dadurch probiere ich die Pausenzeit zu minimieren. Außerdem würde ich einfach gerne früher ankommen, um mich etwas zu entspannen und erholen zu können. Unterwegs halte ich Ausschau nach einer Filiale meines SIM-Karten-Anbieters. Ich bin jetzt schon fast einen Monat in China und mein Vertrag läuft in den nächsten Tagen aus. Ungerne hätte ich, dass dies vor Kunming passiert und ich dann hilflos im Nirgendwo stehe. Aber unterwegs finde ich nichts. Meine Hoffnungen auf die Stadt, in der ich später ankommen werde, sind also groß.
Unterwegs sehe ich viele kleine Bonsai-Züchtereien. Ich hatte die Bonsai-Kultur immer für etwas Japanisches gehalten. Eine kurze Google-Suche zeigt, das Wort „Bonsai“ kommt auch aus dem Japanischen, der Ursprung des „Baum im Topf“ liegt aber in der chinesischen Gartenkunst. Ich wollte schon immer einen Bonsai haben. Der Wunsch ist jetzt noch etwas größer geworden. Nur von hier werde ich wohl keine Pflanze mitnehmen können, sie würde die Reise nicht überstehen.
Der Tag verläuft unspektakulär. Ich bin zum Glück nicht so kaputt wie am Tag davor, was nach dem ganzen Hin und Her am Abend davor sehr verwunderlich ist. Trotz der späten Abfahrt komme ich so verhältnismäßig früh an und das Beste ist, dass heute der Checkin im Hotel völlig problemlos funktioniert. So bin ich um vier Uhr schon im Hotelzimmer und frisch geduscht. Bevor ich mich final zum langersehnten Mittagsschlaf hinlege, will ich dann aber doch das SIM-Karten-Problem lösen. Ich laufe den Kilometer zu einem Anbieter und frage nach Hilfe. Das eigentlich als ganz kurzer Ausflug geplante Aufladen der Karte wird zu einem über einstündigen Aufenthalt in dem Laden. Anscheinend ist der Kaufort Xinjiang ein Problem. Außerdem heißt es erst, ich müsste eine Strafgebühr bezahlen, dann plötzlich nicht, dann können nicht die selben Konditionen gewährt werden. Ich fühle mich zurückversetzt in die Hotelsituation gestern und frage mich, was das alles soll. Außerdem wird mir erklärt, der Vertrag würde immer weiter laufen. Anders als bei einer Prepaid Karte, wo nichts passiert, sobald kein Guthaben mehr auf der Karte ist, würde hier jeden Monat eine neue Rechnung ausgestellt werden. So entsteht ein riesiger Berg offener Zahlungen. Da alles hier extrem personengebunden ist und auch mein Pass mehrmals fotografiert wurde für die Registrierung, bin ich also vorsichtig. Ungerne würde ich bei einem erneuten China Besuch in Zukunft am Flughafen als Betrüger abgeführt werden. Den Vertrag aber hier stornieren können Sie auch nicht. Das ginge nur in einer der richtigen Filialen, sie sind nur ein Franchise und zusätzlich solle ich dies erst einen Tag, bevor ich das Land verlasse, machen. Sie bemühen sich weiter um eine Stornierung. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber will eigentlich nur ins Bett. Am Ende einigen wir uns darauf, dass ich in drei Tagen in Kunming zu einer der Hauptfilialen gehe. Dort habe ich auch genug Zeit, um einen halben Tag herumzusitzen und Bilder von meinem Pass machen zu lassen.
Zurück im Hotel ist es dann schon fast wieder so spät wie die letzten Tage auch. Ich probiere noch etwas zu Ruhe zu kommen, was leidlich funktioniert. Ich entscheide mich lieber, etwas zu essen. Unten an der Rezeption frage ich nach Hilfe, der junge Angestellte nimmt mich einfach mit zu einem benachbarten Museum und bestellt für mich. Sie bringen es danach einfach in die Lobby. Ich warte dort, wir unterhalten uns per Google-Übersetzer, es ist kurzweilig. Auch nach dem Essen plaudern wir noch. Irgendwann muss ich mich aber leider verabschieden, das Bett ruft.

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