​​​​​​​Mehrmals wache ich diese Nacht auf. Meine Isomatte verliert Luft und so liege ich immer wieder auf dem harten und kalten Boden. Ursprünglich wollten wir in der Garage der Baustelle schlafen, die Wachhunde am anliegenden Grundstück haben bei unserer Erkundung aber angeschlagen und standen bellend am Tor. Wir sind deshalb zurück und von vorne in das Gebäude. In der Nacht schlagen die Hunde wieder an, das liegt aber auch an einer Vielzahl von Straßenhunden die durch die Gegend streunen. Später sagen mir die Jungs, dass ich genau in den Moment meine Matratze aufgepusten  musste, als ein größeres Rudel von Hunden an unserem Haus vorbei lief.
Um vier Uhr klingelt der Wecker, irgendwie bin ich nass geschwitzt und wenig überraschend ziemlich müde. Im Turbo packen wir unsere Sachen zusammen, da wir keine Zelte haben geht es sehr schnell. Es ist noch komplett dunkel als wir im Schein unserer Lampen wieder auf der Straße stehen. Wir fahren die ersten Kilometer bis zu einer Tankstelle, daneben ist ein Restaurant. Natürlich ist es geschlossen, aber wir haben eh unser Müsli. Gestern Abend im Fleischrestaurant haben wir noch drei Dekorations Bananen mitgenommen, so haben wir wenigstens etwas Obst im Müsli. Der Ort war zu klein um anderes Obst zu kaufen, wir waren schon froh über die restlichen zwei Pakete haltbare Milch die wir verlassen auf einem Regal im kleinen Dorfladen gefunden hatten. Erst brauchen wir noch unsere Stirnlampen, aber langsam geht die Sonne auf.
Auf der geplanten Rennradroute fahren wir in den Sonnenaufgang. Es steht eine Abfahrt an. Natürlich nicht auf der Straße, sondern über steinige Wege. Der Untergrund ist so uneben, dass es selbst ein normales Tourenrad zerlegt hätte, von einem Rennrad ganz zu schweigen. Bis auf einen Hund der mich plötzlich aus den Gebüsch anbellt falle ich vor Schreck fast vom Rad, ansonsten geht aber alles gut.
Wir kommen nach Tekirdag, einer großen Stadt am Marmarameer. Es zeigt sich auch das Bild der heutigen Tour. Die Landschaft und Natur der letzten Zeit wird an mehr in den Hintergrund treten. Wir fahren auf dem Seitenstreifen des Highways, alles ist bebaut. Noch ist der Verkehr aber aushaltbar.
Durch den frühen Start kommen wir gut voran, unseren zweiten Stopp machen wir an eine Bäckerei. Wir übertreiben es alle mit unserer Bestellung, die Masse an Gebäck, welches doch unerwartet trocken ist, macht uns sehr träge. Langsam wird es auch heiß. Wir probieren zusätzlich den Highway zu verlassen, auch wenn das langsames Vorankommen und Umwege bedeutet. Zu laut und gefährlich ist es auf der Hauptstraße. Inzwischen hat diese keinen breiten Seitenstreifen mehr und immer wieder fahren über kleine Nebenstraßen neue Autos auf. 
Zum Glück fahren wir bald an der Strandpromenade entlang. Ein großer Anstieg steht uns heute noch bevor. Durch umplanen wurde die Steigung geringer, es sollte also weniger schlimm sein. Denken wir jedenfalls. In der Realität ist es so steil, dass wir schieben müssen obwohl es normale gepflasterte Straßen sind. Mit meinen Radschuhen habe ich Probleme Halt zu finden und komme kaum hinauf. Zusätzlich ist es unglaublich heiß. Das ganze nach bereits 120 Kilometern ist eine Qual.
Am Ende des Anstiegs machen wir eine Pause, Eis und Cola beleben uns wieder, nebenan gibt es Wraps nit vegetarischer Köfte für umgerechnet einen Euro. Wir greifen zu bevor es weiter geht. Langsam nähern wir uns auch Istanbul. Es geht weiter entlang der Küste, immer mehr Leute sind unterwegs. Die Parks sind voller Menschen, kaum noch grün ist frei zwischen Decken, Campingstühlen und Grills. Es erinnert mich an den Sommer zu Hause nur 10 mal voller. Entlang der Promenade gibt es sogar einen Radweg, Radfahrer sind in der Wahrnehmung der Leute aber nicht existent. Der Radweg ist nur eine Verbreiterung des Fußgängerweges. Dass ich keine Klingel am Rad habe macht keinen Unterschied, das Geräusch wird eh nicht Fahrradfahrern zugeordnet. Wir fahren Slalom, weichen Kindern auf Fahrrädern aus. Aber uns ist alles recht, die nicht vorhandene Gefahr von einem LKW überfahren zu werden beruhigt. Einige Nahezu Unfälle später sind wir in Istanbul. Überall ist Stau es ist die Hölle. Wir fahren durch geschäftige Straßen, es ist so eng dass wir selbst mit den Rädern nicht mehr weiter kommen. Der Rest wollte mit einem Taxi zum Stadion und dort Public Viewing machen. Ich hatte eh keine Lust, der Verkehr tut sein übriges und der Plan wird verworfen. Wir schlängeln uns auch hier hindurch und stehen vor zwei riesigen Moscheen. Etwas was ich mir die nächsten Tage ansehen will. Es herrscht etwas Verwirrung, wie wir auf die Fähre kommen, aber am Ende löst sich auch dieses Problem und wir verlassen den europäischen Kontinent. Wahrscheinlich jedoch nicht zum letzten Mal, zu viel gibt es auf der europäischen Seite von Istanbul noch zu entdecken. Die asiatische Seite ist deutlich ruhiger und geordneter. Trotzdem ist der Wechsel zu unserem Baustellenhaus im nirgendwo vom Morgen immens. Es ist immerwieder erstaunlich wie schnell sich Gegebenheiten ändern auf der Reise.
Unser Airbnb haben wir erst morgen, der Besitzer hat uns aber wegen unserer früheren Ankunft über Nacht zu sich eingeladen. Er ist ein sehr sehr netter Kerl und wirklich freundlich. Nach sechs Tagen ohne Dusche ist es eine Wohltat sich richtig zu waschen auch die 9:15 h Fahrzeit heute haben Spuren an uns allen hinterlassen. Ich bin von der Distanz schon längere Touren gefahren, die Fahrzeit ist aber ein Rekord für mich.
Für das Spiel begeben wir uns auf die Suche nach einer Bar. Am Ende sitzen wir in einer Bäckerei trinken schwarzen Tee und essen Baklava. Wirklich viel bekomme ich nicht mit, ich bin viel zu müde und schlafe mehrmals ein, aber das ist egal.
Stolz über den Tag und voller Eindrücke gehe ich in ein richtiges Bett, das nicht über Nacht Luft verliert.
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