Die Nacht war ruhig, der erwartete Regen setzte nicht ein. Ich hatte schon einmal das TukTuk vorbeifahren gehört und gesehen, als ich mein Zelt aufgebaut hatte, es kam in der Nacht aber noch einmal vorbei. Am Morgen, während ich mich nach einer Toilette umsehe, höre ich ein Boot anlegen und kurz darauf das TukTuk wieder an mir vorbeifahren. Es gehört also zu einem Fischer, der hier am Fluss regelmäßig seine Netze leert. Mein Zelt ist glücklicherweise gut versteckt und vom Weg aus nicht zu sehen. Dafür müsste der Fahrer schon in die kleine Einfahrt vor dem Gebäude fahren. Trotzdem erstarre ich jedesmal kurz, auch wenn es an sich kein Problem sein wird, dass ich hier bin, erspart es mir Stress, wenn ich nicht gesehen werde, zumal ich hier keinen Empfang habe, der Google-Übersetzer also nur in Schriftform funktioniert. Aber es geht alles gut. Ich bleibe unentdeckt, baue mein Zelt ab und koche mir ein Porridge. Lange hatte ich schon keins mehr, die überall verfügbaren Nudelsuppen sind zu günstig und lecker, als dass sich der Aufwand des selben Kochens lohnt.
Ich weiß, der Tag, den ich heute vor mir habe, ist lang. Ich probiere extra früher aufzustehen. Auf dem Rad sitze ich trotzdem erst um kurz nach neun, nicht die beste Statistik. Immerhin habe ich schon gefrühstückt und genug Wasser habe ich auch, um erstmal ein ordentliches Stück zu fahren. Das ist auch gut so, bis zur nächsten richtigen Stadt dauert es. Der Wind ist auch wieder da, vielleicht immerhin etwas weniger als gestern. Ich weiß, ich habe ein paar Höhenmeter heute vor mir und neben dem Wind geht es so auch noch die ganze Zeit lustig auf und ab.
Trotzdem komme ich irgendwie voran, wenn auch langsamer als erhofft. Wirkliche Pausen mache ich nicht. Nur einmal halte ich an, um ein paar Bananen zu kaufen. So will ich bis zur Mittagspause durchfahren können. Die lustige Verkäuferin will, dass ich mich setze und etwas bleibe, aber mein Zeitdruck ist zu groß und ich muss weiter. Sie gibt mir noch eine ordentliche Handvoll Mandarinen mit zu meinen Bananen. Vorher hatte mir ein Motorradfahrer schon zwei große Orangen geschenkt. Ich habe etwas Probleme, all diese Dinge unterzubekommen. Ich spanne die Plastiktüte mit dem ganzen Obst auf meine Gepäcktasche, bin mir aber ziemlich sicher, dass diese Konstruktion nicht lange halten wird. So kommt es dann auch, einen Kilometer weiter halte ich an und sammel eine Mandarine von der Straße auf. Ob ich noch mehr verloren habe, weiß ich nicht, diese esse ich jedenfalls einfach direkt.
Ich komme an eine Polizeikontrolle. Ab hier verläuft die Straße parallel zum Fluss, welcher gleichzeitig auch die Grenze zu Vietnam darstellt. Wie schon in Tadjikistan werde ich in eine höchst moderne Papierliste eingetragen. Auch hier frage ich mich, was das bringen soll außer Arbeitsbeschaffung. Ich lächle nett, es werden Fotos von meinem Pass gemacht und weiter geht es. Die Bananen aus dem Laden sind klein und dick, schmecken aber viel intensiver als die Bananen, die ich sonst so hatte. Sehr interessant.
Langsam bekomme ich auch Hunger. Ein kleines Restaurant verspricht die Rettung und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme nach Hause. An meinem Platz für die Nacht hatte ich keinen Empfang. Aber auch hier gibt es Probleme. Mein Handy loggt sich bereits in das vietnamesische Netz ein und so habe ich keinen Zugriff auf das Internet. Auch das WLAN funktioniert nicht richtig. Ich bin einfach froh, ab morgen kein VPN mehr zu brauchen und mein Handy wieder ganz normal benutzen zu können. Später finde ich heraus, dass ich das gewünschte Netzwerk auch einfach manuell auswählen kann. Das hätte mir einige Probleme erspart.
Das letzte Stück in die Stadt geht dann plötzlich aber wieder sehr gut, ich komme richtig gut voran und mache schnelle Fortschritte. Es ist trotzdem bereits spät. Als ich ankomme, saß ich sechseinhalb Stunden auf dem Sattel. Nun stehe ich aber vor einer neuen Herausforderung. Mein Handy hat wieder kein Internet und ich weiß nicht, wo ich bleiben soll. Meine Offline-Karte zeigt mir ein Hostel und ein paar Hotels an. Ich fahre der Reihe nach alles ab, das Hostel existiert nicht, genau so wie das nächste Hotel. Ein anderes ist zehnmal so teuer wie die Zimmer normalerweise. Ich entscheide mich, einfach durch die Stadt zu fahren und nach Hotels Ausschau zu halten. Ich finde ein paar, werde aber immer weiter geschickt, keine Zimmer mehr frei. Langsam verzweifle ich etwas, schon fast eine ganze Stunde verbringe ich jetzt mit Suchen, das wo ich mich einfach nur erholen möchte nach dem langen Tag. Anscheinend ist heute ein Feiertag. Ich sehe super viele Leute in den ganzen Lobbies. Ich bin nicht der einzige, der abgewiesen wird. Nach einer erneuten Absage frage ich nach dem WLAN Passwort und suche im Internet. In der Nähe ist ein Hotel. Ich screenshote mir die Details ab und mache mich auf die Suche, nur um es nicht zu finden. Nach einer Runde um den Block, in dem es sein sollte, komme ich wieder am WLAN Hotel an. Seltsamerweise wurde ich aber aus dem WLAN geschmissen und muss das Passwort erneut eingeben. Ich kenne das Passwort natürlich nicht, gehe also lieber doch nochmal auf die Suche nach dem Hotel aus dem Internet. Ich finde es nicht, dafür komme ich an ein anderes. Der Besitzer scheint nett, der Preis ist gut und das Fahrrad geht mit ins Zimmer. Ich kaufe noch eine Cola und sitze danach erstmal etwas auf einem Stuhl und schaue in die Luft. Ich bin echt kaputt. Später weckt eine ordentliche Portion Reis mit Tofu und ein Eis als Nachtisch wieder meine Lebensgeister. Ich bin froh, heute in einem Bett ohne starken Wind oder drohendem Regen zu schlafen.
Zurück zum Anfang