Meine drei Tage Ruhe in Kunming vergehen viel zu schnell. Am ersten Tag schlafe ich etwas aus, das erste Mal in China habe ich aber einen vernünftigen Schlafrhythmus und bin sogar relativ früh wach. Ich entscheide mich, mich immerhin um mein Fahrrad zu kümmern. Die Kette rutscht vorne auf dem Kettenblatt wieder durch. Zum Glück habe ich direkt einen Ersatz dabei. Das jetzige Kettenblatt muss wieder dringend ausgetauscht werden. In dem Rutsch tausche ich auch direkt die Kette aus, so wird mein gesamtes Rad direkt etwas leichter. Der Mechaniker stellt mir noch meine Schaltung neu an. Der ganze Laden hier ist schön. Viele tolle Räder, der etwas ältere Besitzer mit einer ausgeblichenen Ironman 70.3 Kappe auf dem Kopf, genau so ein Fahrradliebhaber wie ich. Ein besonderes Upgrade für das Fahrrad, geschickt aus Deutschland, habe ich ebenfalls schon seit Georgien dabei. Die Gummiummantelung an meinen Bremshebeln ist ziemlich zerissen und abgenutzt. Ich wollte sie ursprünglich nach dem Pamir Highway austauschen, habe aber dann noch gewartet, bis die Zugfahrt in China vorbei ist. Auf dem Rückweg zum Hostel fühlt sich das Rad wie neu an und ich würde am liebsten direkt weiter Richtung Vietnam fahren. Am Ende geht es dann aber doch lieber erstmal nochmal ins Bett.
Am nächsten Tag besuche ich einen alten Teil der Stadt, welcher mal ein Fischereidorf war. Die alten Gebäude stehen noch, jetzt ist es aber die übliche chinesische Touristenmeile. Ich probiere eine Spezialität der Region, mit einer Zuckerpaste gefülltes Brot und schaue mir verschiedene Tempel dort an. Es gibt eine kleine Grünanlage, in der musiziert wird. Vor allem der Gesang lässt mich aber doch lieber schnell weitergehen. Vielleicht müssen sich meine europäischen Ohren erst noch an diese Musik gewöhnen, vielleicht ist es aber auch einfach nur ziemlich schief.
Ein ganz besonderes Highlight der Stadt soll der Westhill sein. Im Internet finde ich die Aussage, wer den Westhill nicht gesehen hat, war nie in der Region. Mit entsprechend hohen Erwartungen mache ich mich also auf den Weg. Von der U-Bahn-Haltestelle laufe ich erst noch ein ordentliches Stück bergauf. Unterwegs gibt es wieder interessante Tempel, einer hat sogar ein vegetarisches Buffet und ich stärke mich etwas. Auf der Straße neben dem Fußgängerweg fahren Busse, aber ich will lieber alles auf dem Weg sehen. Für das letzte Stück nehme ich dann aber doch die Gondel. Erst muss ich aber vierzig Minuten in der Schlange davor warten. Die Fahrt dauert fast 20 Minuten, trotzdem müssen noch weitere Treppen überwunden werden, bevor die Spitze erreicht ist. Oben auf dem Berg sieht es etwas anders als auf den Bildern aus. Der Ausblick über die Stadt unter mir ist trotzdem ziemlich gut. Neben Kunming ist ein großer See. Es sieht fast so aus, als würde die Stadt am Meer liegen. Selbst von hier oben ist der See riesig. Eigentlich wollte ich statt der Gondel den Berg herunterlaufen, aber inzwischen bin ich doch etwas müde und möchte lieber so schnell wie möglich zurück zum Hostel. Außerdem war die Gondelfahrt auch interessant. Gesagt getan, ein Versuch, ohne gültiges Ticket herunterzufahren, schlägt fehl und so kaufe ich ein neues, muss aber diesmal immerhin nicht anstehen. Für den restlichen Weg nehme ich dann doch den Bus und komme so noch relativ zeitig für wenigstens ein bisschen Entspannung ins Hostel.
Meine erste Mission für den Tag der Abfahrt ist die Stornierung meiner SIM Karte. Nach dem letzten Debakel in der kleinen Stadt, also diesmal in Kunming. Ich verspreche mir einen größeren Erfolg in einer richtigen China-Unicom Filiale. Nach der obligatorischen Nudelsuppe geht es also mit gepacktem Rad und zur Abfahrt bereit zur nächsten Filiale. Leider zeigt sich sehr schnell, dass das Ganze nicht so einfach wird wie ich dachte. Dafür dauert der ganze Prozess umso länger. Ich schreibe nochmal dem freundlichen Mitarbeiter aus dem anderen Laden und lasse die Mitarbeiterin bei ihm anrufen. Seine Aussage, dass die SIM-Karte bis zum Ende des Monats laufen würde und eine Stornierung in einer großen Filiale möglich ist, scheint falsch zu sein. Weil ich die Karte in Xinjiang gekauft habe, haben sie hier keinen Einfluss bzw. müssen alle Dokumente in diese Region schicken. Außerdem könnte ich nur meinen Account löschen und hätte dann direkt kein Internet mehr. Es ist alles verwirrend und einfach nervig. Ich werde noch weiter zu einer noch größeren Filiale geschickt. Mir rinnt die Zeit zwischen den Fingern dahin, und langsam bin ich ziemlich genervt. Trotzdem fahre ich zu der anderen Filiale, immer noch mit Hoffnung, dass sich dort etwas bewegt. Aber auch hier das gleiche Ergebnis. Diesmal wird mir aber gesagt, nach Stornierung hätte ich noch drei Tage. Inzwischen bin ich auch so weit, die Karte einfach weiterlaufen zu lassen. Anscheinend kann ich aber in einer der Städte kurz vor Vietnam das Ganze anstoßen. Ich bin gespannt, glaube dem Ganzen immer noch nicht so richtig, aber inzwischen ist es mir auch egal. Bei diesem Unternehmen werde ich ohnehin nicht nochmal eine SIM Karte kaufen.
Es geht aus der Stadt heraus. Ich bin gestresst, weil die anvisierte Stadt noch ziemlich weit weg ist und es schon viel zu spät ist. Zum Glück läuft es dann aber doch sehr gut und die Straßen sind ruhiger. So komme ich deutlich früher als erwartet an. Diesmal ist das Einchecken auch gar kein Problem. Auf dem Bettlaken des günstigen Hotels sind seltsame Flecken, nach Nachfrage bekomme ich aber eine komplett neue Bettwäsche und kann so noch etwas entspannen.

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