Eigentlich hatte ich in Singapur mit nicht mehr viel gerechnet. Die potentiellen hohen Preise für quasi alles, also auch Aktivitäten, schrecken mich ab. Außerdem ist mein Interesse an Sightseeing nicht mehr so groß. Wie es dann am Ende werden würde, habe ich nicht erwartet.
Im Gespräch mit Steffi, meiner Gastgeberin, ergibt sich die Möglichkeit, ob ich nicht mal einen kleinen Vortrag an der Schule, an der sie Lehrerin ist, halten möchte. Ich willige ein. Schließlich erzähle ich gerne über meine Reise und es ist ein Weg, wenigstens etwas für die immense Gastfreundschaft, die ich über die nächsten Tage noch erfahren sollte, zurück zu geben. Meinen ersten Tag in Singapur verbringe ich also mit der Erstellung einer PowerPoint-Präsentation mit Bildern. Das dauert, erstens sind es einfach viel zu viele Fotos, und so wirklich zurecht komme ich mit dem Apple-Laptop auch nicht. Am Abend besorge ich noch einen Radkarton für meinen Flug zurück nach Hause. Der Karton kommt mir etwas klein vor, aber der sehr gestresste Verkäufer sichert mir zu, es wäre der größte, den sie dort hätten. Es ist schon etwas später am Tag, also nehme ich ihn mit und bin froh, diesen Punkt direkt erledigt zu haben. Mein Rad kann ich allerdings nicht direkt einpacken, da ich es noch während des Vortrags an der Schule präsentieren möchte. Eim Fehler, den ich später noch bereuen sollte.
Der Vortrag, inzwischen statt einem einzigen nun drei hintereinander, weil das Interesse so groß ist, ist erst am Freitag. Also nutze ich den Donnerstag für Sightseeing. Als Erstes laufe ich für meine Formel1 Fans zu Hause auf und über die Strecke in Singapur und mache ein paar Fotos. Danach geht es zu zwei besonderen Sehenswürdigkeiten, dem „Flower Dome“ und dem „Cloud Forest“. Beides sind zwei riesige gläserne Kuppeln. Im „Flower Dome“, dem größten Glashaus der Welt, herschen mediterane, mild trockene Temperaturen, und es wird eine Vielzahl verschiedener Planzen aus der ganzen Welt ausgestellt. Ein riesiger botanischer Garten, sehr untypisch für das wirklich nasse Wetter der letzten Tage außerhalb der Glasmauern. Zwischen den Pflanzen finden sich noch kleine Statuen und eine Ausstellung zum chinesischen Neuen Jahr.
Die schiere Größe war bereits faszinierend, aber der „Cloud Forest“ nebenan ist überwältigend. Die Glaskuppel hat eine kleinere Fläche, ist aber ein gutes Stück höher. In ihrem Inneren befindet sich ein künstlicher Berg voller Pflanzen und Wasserfälle. Das Klima hier ist wieder tropisch, es werden die Gegebenheiten von Urwäldern in Höhenlagen, also zwischen 1000 und 3000 Metern, und ihre typische Vegetation nachgestellt. Jeder Quadratzentimeter ist grün und über allem liegt ein feiner Nebel. Der komplette Berg ist begehbar und es gibt einen Rundgang in luftiger Höhe. Die schieren Ausmaße sowohl der Konstruktion als auch der Pflanzen sind beeindruckend. Ganz konträr ist die Ausstellung seltener Miniaturorchideen im unteren Teil des „Waldes“, hier hängen Lupen vor den Blüten, um sie für den Besucher erkennbar zu machen.
Es ist bereits spät und zuletzt fahre ich noch ins indische Viertel. Dort gibt es das Mustafa Center, eine Art indisches Karstadt. Der Laden ist unüberblickbar groß, die Gänge schmal und die Regale vollgestopt mit allen möglichen Waren. Ich sehe Winterschuhe, Medikamente, Autoteile und Inneneinrichtung. Mein Ziel sind aber die Plastikwäschetaschen, die mir schon gute Dienste auf dem Flug nach Kasachstan und im Zug durch China geleistet haben. Denn auch hier macht es wenig Sinn, einen Koffer zu kaufen. Der Laden hat eine große Auswahl und für wenige Euro kaufe ich eine große Tasche, Klebeband und 90 Meter Klarsichtfolie, um alles nochmal etwas sicherer einzupacken. Ich muss noch meine Präsentation überarbeiten und ein paar Fotos hinzufügen, aber immerhin komme ich jetzt mit dem Computer besser zurecht.
Am Morgen fahre ich mit meinem bepackten Rad zu Schule. Laurenz fährt mit dem Motorrad vor und führt mich hinein. Trotz meiner festen Überzeugung und Aussage gegenüber Laurenz, der mehrmals fragte, ob ich meinem Perso mit habe, stehe ich mit leerem Portemonnaie vor dem Tor. Der Perso war in der Wohnungen „sicher vor Verlust“. Dank der netten Pförtner komme ich aber trotzdem hinein. Steffi nimmt mich in Empfang und innerhalb kürzester Zeit bin ich umringt von Kindern. Alle stellen Fragen, zuppeln an meinem Fahrrad und zeigen mir Kunststücke. Irgendwann werde ich in Sicherheit in den Hörsaal der riesigen und offensichtlich wohlhabenden Schule gebracht. Lange dauert es aber nicht, bis sich der Raum füllt. Der erste Vortrag für die deutschen Grundschüler kann beginnen. Ich werde einmal nett vorgestellt, bekomme vom Schulleiter das Stofftier Maskottchen der Schule überreicht und fahre meine Präsentation an. Besonders beliebt sind die Tierbilder. Alle Kinder lauschen sehr aufmerksam, später kommen die Lehrer begeistert zu mir. Solch einen ruhigen Vortrag gab es bisher noch nicht. Nachdem ich fertig bin, stehen die Kinder Schlange vor den Mikrofonen, um Fragen zu stellen. Eine tolle Erfahrung und Spaß macht es auch. Als Nächstes kommt die deutsche Sekundarstufe 2, hier kann ich etwas mehr zeigen und erzählen als Tierfotos. Auch die Fragen sind etwas tiefgründiger. Der dritte Vortrag ist der vollste. Hier ist das gesante Auditorium voll mit Kindern. Diesmal auf Englisch, aber nach der ganzen Zeit ist auch das kein Problem. Es ist schön zu sehen, wie viele Leute Spaß an meinen Erzählungen und Geschichten haben. Das Ganze ist direkter als das Schreiben von Blogs. Ich dachte, nach dem ganzen Reden wäre ich müder, aber es geht mir immer noch sehr gut. Trotzdem geht es zurück zum Haus, ich habe noch eine Menge Postkarten zu schreiben. Außerdem habe ich am Abend noch etwas Besonderes vor: Bei meinem ersten Besuch in Singapur 2019 war ich an einem Abend in der Symphonie und auch dieses Mal konnte ich ein günstiges Ticket ergattern. Vorher laden Steffi und Laurenz mich noch zum Essen in ein typisches Hawker Center ein. Hier gibt es Streetfood und Essensstände in einer festen Halle, alles geordneter als in den Nachbarländern. Auch irgendwie teurer und etwas geschmackloser, aber trotzdem eine interessante Erfahrung. Das Konzert in der Symphonie ist klasse. Erst hatte ich Sorge, in meinen etwas abgerissenen Sachen negativ aufzufallen, aber neben Anzügen sehe ich auch viele Casual-Outfits und sogar ein Basketball Tanktop. Es ist schon spät, trotzdem habe ich noch einen Punkt auf meiner Liste, den „Supertree Grove“. Das Ganze sind riesige künstliche Bäume, beleuchtet in verschiedenen Farben. Weil es so spät ist, bin ich fast ganz alleine in einer eigentlich ziemlich überlaufenen Attraktion. Mit der vorletzten Bahn geht es zurück.
Mein letzter Tag in Singapur beinhaltet eine Menge Postkarten. Wirklich weit bin ich bisher noch nicht gekommen. Außerdem etwas packen, danach geht es ein letztes Mal in die Stadt. Ich erkunde China Town, weil es aber die ganze Zeit regnet, bin ich schnell durch. Der Rapha Laden in Singapur hat eine Menge schicker Radklamotten, ist aber noch viel teurer als in Europa. Ich bin schnell wieder draußen. Das größte Wahrzeichen Singapurs ist das „Marina Bay Hotel“ mit seiner Aussichtsplattform und Sky Bar. Dort wollte ich hin und ein Abschlussgetränk mit Ausblick über ganz Singapur genießen. Davor schaue ich noch die beeindruckende Lichtshow im Hafen an, schon imposanter als das Gegenstück in Malaysia. Oben auf dem Hotel ist der Außenbereich der Bar gesperrt. Ich genieße also den Ausblick aus den kostenlos betretbaren Bereichen und ziehe wieder ab, ohne eine Cola für 6 € zu trinken, auch gut. Dafür gibt es noch einmal ein leckeres indisches Essen im Viertel, alles in allem ein gelungener Abschluss der Reise.
Der Tag des Abflugs, das Ende der Reise ist gekommen. Vor dem geplanten entspannten Frühstück will ich noch schnell mein Fahrrad in den Karton verpacken. Bisher habe ich es nicht gemacht, weil die beiden Sorgen geäußert hatten, dass er sonst von der Hausverwaltung entsorgt werden würde. Solange stand der Karton in einer Kammer in der Wohnung. Ich baue das Vorderrad aus und will das Fahrrad in den Karton packen, aber keine Chance. Auch ohne Hinterrad passt es kaum. Erst nachdem ich den Gepäckträger umdrehe, bekomme ich es mit viel Druck hinein. Allerdings habe ich noch zwei Laufräder in der Hand und keine Chance, beide in dem Karton zu packen. Alle sind beunruhigt und es werden beim nicht mehr wirklich entspannten Frühstück Lösungen durchdacht, wie das übrige Laufrad doch noch mit in den Flieger kann. Am Ende nehmen wir das halbverpackte Fahrrad, Laurenz hatte freundlicherweise noch ein Auto organisiert, damit ich kein Taxi nehmen muss, und wir fahren an einem Radladen in der Nähe des Flughafens vorbei. Dort kaufe ich einen weiteren Karton. Meinen jetzigen wollen sie nicht im Tausch haben. Am Flughafen packen wir dann im Parkhaus die Kartons um. Das Rad passt und eine Menge Sorgen fallen von mir ab. Ich verabschiede mich von Laurenz, gebe das Gepäck am Frühcheckin Schalter ab und erkunde noch den Flughafen inklusive der angeschlossenen großen Mall. Es gibt einen Wasserfall über fünf Etagen in einem riesigen grünen Amphitheater. Das Ganze wirkt ziemlich unwirklich und etwas dekadent. Man merkt, das Land hat eine Menge Geld. In der Angestellten-Kantine finde ich etwas günstiges zum Essen und merke beim Bezahlen, dass ich kein Bargeld mehr habe. Das Essen ist schon auf dem Teller. Zum Glück nimmt sie netterweise auch normale Dollar, obwohl sie nichts damit anfangen kann.
Danach beginnt der finale Gang zum Gate. Auch der Duty-Free Bereich ist nicht alltäglich, neben Bänken schwimmen Fische in offenen Aquarien. Ich sitze und warte auf das Flugzeug, und langsam setzt sich die Erkenntnis ein, dass dieses Abenteuer jetzt zu Ende ist.
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