Die Farm ist ein kleines Paradies, so ruhig und friedlich. Nur ein paar Tiere sind zu hören, ein Esel und ein Gruppe großer Gänse die hier herumläuft. Es gibt das übliche Power Frühstück, dann geht es los.
Ich merke direkt, dass der Wind von hinten kommt, es läuft fast wie von selbst. Bei der Planung hatte ich mit einem langen und harten Tag gerechnet, sollte es so weiter gehen, wären alle Sorgen umsonst gewesen.
Heute ist auch der Tag der fragwürdigen Brücken. Die Erste eine noch asphaltierte Brücke besteht aus mehreren Teilen. Zwischen diesen Teilen waren mal Eisenplatten und darüber wie an der restlichen Straße Asphalt verbaut. Mit der Zeit hat sich Beides immer weiter verabschiedet. Die Brückensegmente sind immer ca. 10 Meter lang, am Ende jedes Segments muss ich die Geschwindigkeit stark verringern, da sich dort Spalten von 5-10 cm gebildet haben. Teilweise kann man durch die Spalten bis zum Wasser unter der Brücke schauen. Ein LKW kommt mir entgegen, er kann die Brücke nur im Schritttempo passieren. Später muss ich schon innerhalb Tiranas über eine hölzerne Hängebrücke fahren. Sie ist vielleicht einen Meter breit und absolut nicht vertrauenserweckend. Ich setze jeden Schritt sorgfältig, die Brücke knarzt und schwankt unter mir, ich bin froh unbeschadet auf der anderen Seite angekommen zu sein. Dort sitzt ein Mann ganz entspannt draußen auf seiner Couch. Er hat sich alles belustigt angesehen, ich muss ein interessantes Bild abgegeben haben.
Ein hingegen wenig interessantes Bild ist der ganze Müll am Straßenrand. Immer wieder schwielen kleine Feuer, wo Leute einfach ihren Müll verbrennen. Besonders schlimm ist es an einer Stelle, das Feuer muss unter einer Brücke gewesen sein, beim darüber fahren ist der Rauch extrem dicht, ich halte die Luft an. So zeigen sich die Unterschiede zu Europa. Auch andere Dinge fallen mir auf. Überall sind kleine Autowaschanlagen zum selber bedienen. Teils professionell, teils einfach nur drei Wände und ein Kärcher. Auch bei den Werkstätten gibt es Unterschiede. Manche sehen aus wie ganz normale Werkstätten in Deutschland, doch dann werden in kleinen Garagen Autoreifen mit Fahrradpumpen aufgepumpt. So etwas habe ich auch noch nie gesehen.
Die Anzahl der grüßenden Menschen wird immer größer. Kinder rufen mir hinterher und im Supermakt werde ich in fast nicht vorhandenem Englisch nach meiner Herkunft gefragt.
Ein größerer Café Stopp fällt heute aus, ich will so viel vom Rückenwind nutzen wie ich kann. Daher halte ich auch selten für Fotos an, in Tirana sollte es genug Motive geben.
Nur eine Szene erregt meine Aufmerksamkeit. Am Flughafen stehen im hohen Gras alte Kampfjets. Ich hole meine Kamera heraus und mache das erste Foto. Danach will ich die Einstellungen überprüfen, doch ein Soldat mit Gewehr kommt und gibt mir zu verstehen, dass fotografieren dort nicht erlaubt ist. Ich entschuldige mich und fahre lieber schnell weiter. Die nächsten Flugzeuge fotografiere ich dann nur mit dem Handy während der Fahrt.
Von anderen Radfahrern wurde mir gesagt, mit Euros kommt man sehr gut in Albanien durch, die einheimische Währung, albanischer Lek würde gar nicht benötigt werden. So stehe ich beim Bäckerstopp im Laden, aber es wird kein Euro und auch keine Karte akzeptiert. Mehr Glück habe ich im nächsten Laden. Dort wird mein Euro angenommen. Das Rückgeld bekomme ich in Lek. Ich habe keine Ahnung wie der Umrechnungskurs ist. Hinter mir stehen zwei Männer es wird kurz mit der Kassiererin diskutiert. Danach sagt man mir alles okay. Ich weiß nicht was besprochen wurde, aber wird schon in Ordnung sein. Eine Alternative habe ich eh nicht. Später rechne ich nach, es hat alles gepasst.
Ziemlich früh geht es gut mich rein nach Tirana, der Hauptstadt von Albanien. Der Verkehr ist unglaublich chaotisch. Besonders schlimm ist eine abknickende Straße mit links Abbiegespur. Es wird einfach gefahren. Eine Steuerung über Ampeln gibt es nicht. Das totale Chaos, ich bin froh es unbeschadet überstanden zu haben. Alles erinnert mich an meine Zeit in Südostasien, nur dort hätte es eine Ampel an dieser Straße gegeben.
Je weiter ich ins Zentrum der Stadt komme, desto hässlicher wird es. Die ganze Stadt gefällt mir nicht wirklich. Es ist eng, laut und die Straßen sind voll von Autos. An den meisten Kreuzungen stehen Polizisten, nur die Ampeln reichen nicht aus um den Verkehr zu regeln. Die Polizisten müssen eingreifen und die Autos durchwinken.
Belastend finde ich auch die Geschäfte. Überall gibt es das gleiche: gefälschte Marken Kleidung und schrottige Elektronik. Es wirkt, als hätte sich gesamt AliExpress zusammengetan eine Stadt gebaut und ihre Internet Präsenz in kleine grell erleuchtete Läden umwandelt. Vielleicht liegt es auch an meinem körperlichen Zustand, die fünf Stunden Radfahren und die viertel Stunde Koppellauf die ich als Vorbereitung für den Triathlon am Sonntag gemacht habe, haben deutliche Spuren hinterlassen.
Ich bin ziemlich müde, entschließe mich der Stadt morgen nochmal eine zweite Chance zu geben. Schließlich bin ich noch bis mindestens Sonntag hier.
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