In der Umgebung des Hostels soll es einen alten und sehr guten Nudelladen geben, wurde mir am Vorabend gesagt. Ich mache mich also auf die Suche, mein Fahrrad lasse ich noch kurz im Hostel stehen. Wo genau es die gute Nudelsuppe gibt, habe ich natürlich nicht gefragt. Nach etwas Herumlaufen habe ich aber einen sehr gut besuchten Laden gefunden. Ich gehe davon aus, dass ich hier richtig bin. Die Portion Nudeln ist ordentlich und schwimmt in so viel Suppe, dass ich es das erste Mal nicht schaffe, alles an Suppe auszutrinken. Die anderen Locals lassen aber ohnehin die gesamte Schüssel stehen, mein schlechtes Gewissen ist also etwas gemindert. Die Suppe ist aber sehr gut. Sie packen mir statt Fleisch eine Art getrocknete Pilze hinein. Pfefferminzstängel gibt es hier nicht. Dafür meine ich, dass es Spargelstücke sind, die in meiner Suppe schwimmen. Ein bisschen Obst und ein paar Baozi als Wegzehrung und schon kann es losgehen. Es ist ziemlich grau und frisch. Als ich losfahre, denke ich sogar kurz, dass es regnet. Aber es bleibt zum Glück trocken und so kann ich den langen Anstieg in Angriff nehmen, der mich noch einmal über einen Bergkamm führt, bevor es dann auf der anderen Seite hinab zum „Roten Fluss“ und dem tropischen Wetter Südostasien geht. Unaufgeregt geht alles von statten. Ohne besondere Vorkommnisse erklimme ich den Anstieg. Gegen Ende klart es sogar auf. Dafür kommen von der Seite, auf der ich abfahren möchte, Wolken und Nebel über den Kamm gezogen. Kurze Sorgen über eine Abfahrt im Regen kommen auf, sind aber unbegründet, denn es bleibt trocken, jedenfalls von Oben. Ich ziehe noch ein paar Schichten über, dann geht es endlich bergab. Man spürt die Feuchtigkeit in der Luft, auch die Straße ist davon nass. Ich fahre noch durch eine kleine Siedlung. Die Haupteinnahmequelle hier, scheint die Bambusernte zu sein. Danach geht es hinein in den Nebel. Um mich herum ist nichts mehr als weiß zu sehen, während sich die Straße den Berg hinabschlängelt. Es ist wenig Verkehr unterwegs, ich probiere aber die LKWs hinter mir zu lassen. Auf der verwinkelten Strecke sind sie deutlich langsamer als ich, auch wenn ich selber sehr vorsichtig fahre auf Grund der nassen Fahrbahn. Nur für Fotos bleibt so leider nur sehr wenig Zeit. Die Erinnerungen in meinem Kopf an eine ganz besondere Abfahrt, werden aber auch ohne Fotos bleiben. Etwas hinter meinem Zeitplan komme ich am Fuße des Berges an. Bis zur Grenze sind es von hier noch circa 150 Kilometer und ich wollte einen guten Teil davon heute noch fahren, damit ich morgen bis in die Stadt direkt an der Grenze kommen kann. Dort will ich meine SIM Karte endlich abmelden und nochmal einen letzten Abend und Morgen in China verbringen. Trotzdem esse ich erst noch etwas zu Mittag, ich habe inzwischen wirklich Hunger und nicht Lust, mich nochmals einen ganzen Tag nur von Keksen und Bananen zu ernähren. Bis zu meinem eigentlich ausgewählten Ziel des Tages sind es von hier noch etwas über 50 Kilometer. Außerdem wollte ich heute Zelten, weil das einzige Hotel auf dem Weg zur Grenze zu teuer ist. Daher bin ich flexibel, allerdings muss ich jeden Kilometer, den ich heute nicht fahre, morgen machen. Womit ich nicht gerechnet hatte, ist der wirklich starke Gegenwind. Egal in welche Richtung ich momentan in China unterwegs bin, der Wind steht immer gegen mich und heute tut er dies mit besonderer Kraft. Ich komme kaum voran und mein anvisierter Platz zum Zelten rückt in immer weitere Ferne. Immerhin habe ich zwar nicht auf iOverlander, aber auf Komoot und meiner Offline-Karte Eintragungen gesehen, dass mehrere Leute hier in der Umgebung gezeltet haben. Ich bin also beruhigt, auch wenn ich es nicht bis zum besonders interessanten Punkt schaffe. Eine Lösung wird sich hier definitiv finden lassen. Bei meiner letzten Nacht alleine im Zelt in China hat mich der Gedanke, einen passenden Platz zu finden, den ganzen Tag etwas umgetrieben. Heute geht es, nur will ich nicht so früh stoppen, einfach weil ich Sorge habe, dass der Tag morgen sonst zu lang wird. Aber es ist grundsätzlich auch trotzdem besser, spät am Platz für das Zelt anzukommen und früh zu gehen. Dadurch erspart man sich Probleme.
Langsam verschwindet die Sonne und ich habe mein auferlegtes Ziel heute immerhin 110 Kilometer statt 129 fast erreicht. Ein kleiner Weg führt die Straße hinab und ich schaue einfach nach, was sich dort befindet. Sicher ist, ich brauche einen windgeschützten Platz, sonst wird die Nacht sehr sehr ungemütlich. Außerdem sieht es ziemlich nach einem Gewitter aus oder wenigstens Regen aus. Nur das Hotel erreiche ich heute definitiv nicht mehr, dafür müsste ich noch 30 Kilometer fahren. Bei dem Wind und dem ständigen Auf- und Ab eine quasi unmögliche Aufgabe, vor allem da ich ja morgen auch noch in der Lage sein will, aufs Rad zu steigen. Aber ich habe auch hier Glück, der Weg ist nicht besonders gut, aber versteckt von der Straße befindet sich ein altes Gebäude. Die Türen sind alle zu, ich wollte es aber ohnehin nicht betreten. Aber es hat eine große betonierte Terrasse mit einem Dach drüber. Etwas windig ist es hier drin zwar immer noch, aber sollte es regnen, bleibe ich hier trocken. Außerdem steht mein Zelt ordentlich und trocken. Kochen kann ich hier auch, ohne trockene Blätter irgendwo versehentlich in Brand zu setzen. Es ist also perfekt. Allerdings ist die Atmosphäre nicht so wirklich schön und einladend, aber für eine Nacht ist es okay. Ich baue mein Zelt so versteckt auf, dass man es selbst von der kleinen Schotterstraße nicht sehen kann. Inzwischen ist es auch komplett dunkel. Gerade als es steht, höre ich noch ein TukTuk vorbeirumpeln, aber ich wurde nicht gesehen. Im Laufe des Abends fährt es noch ein paar Mal vorbei. Jedes Mal horche ich und verhalte mich ruhig, werde aber nicht gesehen. Gegen den Wind wäre das Außenzelt praktisch, ich entscheide mich aber dagegen, so habe ich schneller einen Blick auf die Außenwelt. Mit meinem Kocher im Benzinbetrieb koche ich ein paar Nudeln und werfe etwas fertig eingelegten Tofu hinzu. Die Nudeln sind bisher die besten der Reise und sehr schnell essbereit. Vielleicht liegt das aber auch an dem extrem heißen, aber kaum regulierbaren Benzinkocher. Glücklich gehe ich ins Zelt, auch wenn ich sehr hoffe, dass der Wind bald aufhört, sowohl für die Nacht jetzt, als hauptsächlich für meine Fahrt morgen. 
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