​​​​​​​Der Ausblick ist am Morgen noch viel besser als am Abend. Das gesamte Tal unter uns erstrahlt im Sonnenlicht. Mein Porridge mache ich heute mit Wasser. In meiner Tasche finde ich noch zwei inzwischen ziemlich vermatschte Bananen, zum Glück waren sie in einer Plastiktüte. Sie kommen auch ins Porridge. Mit etwas Kakao merkt man den Unterschied zwischen Wasser und Milch gar nicht, die Aussicht tut ihr übriges dazu, den Umstand direkt zu vergessen. Gestern ist uns aufgefallen, dass das Wasser viel schneller verkocht als normalerweise. Die Nudeln und Linsen haben viel länger gebraucht als sonst. Ein Umstand der der Höhe unserem Zeitplatzes auf über 2800 Metern geschuldet ist.  Basils spricht von einem Ruhetag heute weil wir viel bergab fahren und nur einen langen Anstieg hinauf müssen. Ich bleibe kritisch und esse erstmal mein Frühstück. Geschirrwäsche können wir im kleinen Bach in der Nähe der Zelte machen, das Wasser ist auch heute noch sehr kalt. Die Dusche mit diesem Wasser gestern war doch sehr frisch. Danach geht es endlich los.
Wir schieben unsere Räder weiter den Berg hinunter, manche Stellen sind kurzzeitig fahrbar. Wir begegnen ein paar Wanderern, sie schauen uns an wie Aliens. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Einen Sturz in einen Distelbusch meinerseits später stehen wir endlich wieder auf einer (Schotter-) Straße. Ab jetzt beginnt der durchgängig fahrbare Teil der Abfährt. Der Schotter wird aber relativ schnell immer gröber zwischendurch müssen wir unsere Schuhe ausziehen und einen Bach überqueren. Das letzte Stück ist nochmal richtig anspruchsvoll, wir schleichen mit angezogenen Bremsen den Berg herunter. Unten angekommen tun uns die Hände weh, aber dies wird nicht das letzte mal Heute gewesen sein.
Direkt nach der Abfahrt beginnt der 17 Kilometer lange Anstieg. Wir machen kurz im Schatten Mittagspause und essen die Reste unseres Abendessens. Danach geht es los. Nach wenigen Metern verhakt sich meine Kette. Zusammen bekommen wir sie wieder richtig auf die Kassette. Ich fahre an, probiere es jedenfalls aber der Schwung am Berg reicht nicht aus. Mit dem ganzen Gepäck kippt das Rad viel schneller stärker. Natürlich komme ich nicht schnell genug aus der Klick Pedale heraus. Schon liege ich auf der Straße. Von einem Sturz gestern ist mein linkes Knie leicht lädiert, jetzt hat es mein rechtes auch erwischt. Mit vier Stürzen meint es Georgien nicht wirklich gut mit mir.
Der Rest des Anstiegs ist anspruchsvoll aber ereignislos. Der Sturz, wenn auch nur leicht, scheint mit etwas Energie geraubt zu haben und so hänge ich wieder hinter den anderen zurück. Ich merke langsam wie der Reisetag und das ganze Schieben gestern meine Kräfte geraubt haben, ich kann einfach nicht mehr. Der Anstieg ist eine einzige Qual. Eigentlich will ich einfach nur umkehren und auf dem schnellsten und einfachsten Weg nach Tbilisi fahren. Basil lässt mich aber nicht und so stehe ich irgendwann oben auf dem Pass.
Vor uns liegen 25 Kilometer Abfahrt. Ich entschließe mich an nächsten Tag nicht weiter zu fahren und einen Campingplatz anzusteuern. Etwas anderes bleibt uns eh nicht übrig, das Tal bietet nur Platz für den Fluss und eine Schotterstraße. Zelte passen nirgendwo hin. Ich beschreibe oft Landschaften als atemberaubend, aber diese hier ist ein neues Level und reiht sich ganz oben in den Lieblingsorten dieser Reise ein. Wir sind so weit weg von der Zivilisation, alles ist noch ursprünglich die Berge sind schroff und die Straße schlecht. Immer wieder ist sie durch Erdrutsche halb verschüttet, es ist aber kein Problem Autos fahren hier eh keine. Oft läuft das Rad von selbst, es gibt aber auch einige Stellen an denen wir permanent bremsen müssen bis und die Hände schmerzen. Basil hat irgendwann das Gefühl in seinen kleinen Fingern verloren. Immerwieder müssen wir durch Ströme über der Straße fahren, der letzte sorgt nochmal dafür, dass wir komplett nass werden.
Am Ende kommen wir aber auf dem Campingplatz an. Daneben gibt es ein Cafe, wir müssen Nutt über inzwischen schon raren Vorräte weiter plündern, sondern können ausgiebig Essen gehen. Eine Wohltat nach den letzten zwei Tagen. Gemeinsam beschließen wir einen Tag hier zu bleiben, es ist einfach zu schön. Alle sind glücklich und ich freue mich morgen auszuschlafen.
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