​​​​​​​Der Wecker geht um Viertel nach Acht, ich bin immernoch richtig zerschlagen. Jack geht es genauso wir würden beide gerne noch eine Stunde schlafen, aber zu viel muss noch erledigt werden und mit jeder Minute die verstreicht, steigt die Temperatur draußen an. 
Etwas derangiert begeben wir uns zum Frühstück, um noch einmal etwas anderes als Porridge zu essen. Für die nächsten Wochen steht nur das auf dem Speiseplan, danach werde ich es wohl nie wieder essen. Das ganze dauert seine Zeit, im Gespräch mit einem Mann am Nachbartisch erfahren wir, dass wir hier kein Wasser aus der Natur trinken sollen, Kasachstan und vorallem diese Region sei in Sowjet Zeiten eine einzige große Teststation für nuklear Sprengkörper gewesen. Das Wasser sein also immernoch verseucht. Dass wir in der uns bevorstehenden Wüste auch nur einen einzigen Tropfen Wasser finden, erscheint uns sehr unwahrscheinlich, trotzdem sind wir über jeden Tipp dankbar. Schon vorher war uns klar, dass mit dem Wasser hier etwas nicht stimmt, in der Dusche ist das Wasser ungewöhnlich Gelb, so dreckig können wir gar nicht gewesen sein.
Zurück im Zimmer fangen wir an unsere Taschen neu zu packen und das Chaos zu beseitigen. Überall liegt Ausrüstung herum. Am Ende ist alles verstaut, nur meine Love yourself Reisetasche muss zurückbleiben und das, obwohl sie mir so gute Dienste geleistet hat. Wir füllen unsere Wasservorräte an den Wasserspendern im Hotel auf, insgesamt kommen wir zusammen auf über 20 Liter. Ich habe etwas schlechtes Gewissen, nachdem auf einer Etage der Spender bereits komplett leer ist und wir auf die Nächste wechseln müssen. Es wird ein interessanter Tag wir sind gleichermaßen vorfreudig und nervös. Endlich geht es wieder aufs Rad, für mich sind es jetzt fast zwei Wochen gewesen. Gleichzeitig begeben wir uns in eine der menschenunfreundlichsten Regionen der Reise bisher, hohe Pässe in Georgien die nur schiebend bewältigt werden konnten hatten immerhin Bäche mit unbregenztem Wasser. In der Kasachischen Wüste wird das alles nicht so einfach und auch die Versorgung mit Essen ist ungewiss. Beladen mit allen möglichen Ersatzteilen aus Tbilisi und den frisch ausgefüllten 7,5 Litern Wasser machen wir uns auf den Weg zur nächsten Station dem Supermarkt. Wir wissen, dass noch eine kleinere Stadt auf unserem Weg liegt, danach kommen wir nur noch an vereinzelten Tankstellen vorbei. Jedenfalls hat dies unsere Recherche ergeben. Also kaufen wir großzügig ein. Im Einkaufskorb landen zwei Kilogramm Haferflocken, anderhalb Kilo Linsen, Zwiebeln, Äpfel und Nüsse. Alles was lange haltbar ist und nicht schmilzt. Frisches Obst und Gemüse ist ein Problem, nicht nur wegen der Haltbarkeit, auch weil es in den Taschen einfach zermatschen würde. Mein Stuhl und die Plane für unter dem Zelt wandern nach außen, so gewinne ich 13 Liter im wasserdichten Packsack, die auch fast komplett für das Essen benötigt werden. So beladen, ist das Rad kaum noch hochhebbar, im örtlichen Angelladen kaufe ich trotzdem noch eine zweite Gaskartusche. Die Wüste kann kommen. Wir wissen, dass wir ab jetzt erstmal lange auf Straßen unterwegs sein werden, etwas anderes wäre mit der Beladung jetzt auch gar nicht mehr möglich. Jack probiert noch ein Langarmshirt mit UV Schutz zu ergattern, aber die Mission scheitert. Um 14 Uhr in der besten Mittagssonne machen wir uns auf den Weg in die Wüste. Bis auf eine 90 Grad Kurve ist die Straße mehr oder weniger gerade, wir stellen uns auf einen stumpfen Tag ein und so wird es auch kommen. Die Sonne knallt erbarmungslos herab, durch den permanenten Gegenwind ist nicht so heiß, aber auf der Haut spürt man trotzdem die Stärke der Strahlung. Besonderes Highlight, erneutes eincremen mit Sonnencreme auf der staubigen dreckigen Haut. Es ist so heiß, dass wir kaum schwitzen oder der Schweiß einfach direkt trocknet. Auch auf den T-Shirts ist kein Tropfen Wasser zu sehen. Kein gutes Zeichen, ich mache mir zudem Sorgen um unseren Elektrolythaushalt. Wir machen an allen Supermärkten an denen wir vorbei kommen (2 auf über 70 Kilometern) Pause. Cola und Eis haben zwar keinen Einfluss auf sem Elektrolythaushalt, schmecken aber lecker. Als ich mein Eis kaufe, stehe ich etwas länger an der (klimatisierten) Kasse, als ich draußen bin und mein Eis aus der Packung ziehen will, habe ich bereits nur noch den Stiel in der Hand.
Bei all unseren Begegnungen sind die Leute super freundlich, im Vergleich zu Georgien sind alle hier viel offener und herzlicher. Nur zwei ziemlich betrunkene Männer machen die Wartezeit auf Jack nicht besonders angenehm, aber auch damit lernt man umzugehen.
Wir beenden unseren Tag 13 Kilometer früher als geplant, die Sonne und der Wind haben uns platt gemacht. Obwohl es gegen halb 8 deutlich angenehmer zu fahren ist, reicht es dann für heute. Eine Ruine mit großer Mauer verspricht Schutz vor dem Wind. In dem alten Gebäude liegt ein totes und bereits ziemlich weit verestes Kamel, wir schlagen unsere Zelte lieber draußen auf. Die Temperatur wird immer angenehmer, trotzdem sitzen wir dem ganzen Abend nur in Boxershorts draußen, es ist immernoch deutlich über 20 Grad. Es gibt eine ordentlich gesalzene Linsensuppe, die Erste und nicht die Letzte der nächsten Zeit. Wir haben gesehen, dass in ca 25 Kilometern eine Tankstelle kommt, deshalb können wir mehr Wasser trinken als geplant. Beide brauchen das auch, egal wie viel wir trinken heute gefühlt sind wir trotzdem dehydriert.
Danach genießen wir noch etwas den Sternenhimmel bevor es ins Bett geht. Morgen wollen wir nicht erst um 2 Uhr los sondern früher. Auch wenn ich gerne mehr schlafen würde, müssen sechs Stunden reichen. Ohne das Außenzelt sehe ich von meiner Isomatte aus die Sterne, eine leichte Briese weht, das Leben könnte schlimmer sein.
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